Damit wären auch Mittel betroffen, die in diesem Jahr bereits ausgezahlt wurden. Denn aus dem WSF flossen bis Ende Oktober bereits 31,2 Milliarden Euro. Konkret: 11,1 Milliarden Euro für die Gaspreisbremse und 11,6 Milliarden für die Strompreisbremse, dazu 4,8 Milliarden für eine Erdgas-Soforthilfe und 3,7 Milliarden Euro Zuschüsse für Netzentgelte.
Die Energiepreisbremsen sollten den rasanten Preisanstieg bei Gas und Strom nach dem russischen Angriff auf die Ukraine abmildern. Außerdem waren Hilfen für besonders betroffene Unternehmen vorgesehen. Dafür wurde das vom Kernhaushalt wirtschaftlich unabhängige Sondervermögen mit Krediten in Höhe von 200 Milliarden Euro gefüttert. Ob die Mittel im kommenden Jahr noch zur Verfügung stehen, ist genauso unklar wie die Frage, ob das Geld in diesem Jahr überhaupt hätte gezahlt werden dürfen.
"Das heißt aber im Klartext, dass jedenfalls für die Zukunft, der (Fonds) soll ja andauern bis zum Sommer 2024, die Bürgerinnen und Bürger höhere Strom- und gegebenenfalls höhere Gaspreise bekommen werden", sagte Habeck. "Sollten wir in eine Krise reingeraten, werden wir die Gas- und die Strompreisbremse nicht mehr ziehen können. Dann werden wir höhere Gas- und Strompreise und Fernwärmepreise haben."
Am Dienstag soll eine Anhörung von Sachverständigen mehr Klarheit bringen. Sowohl die Regierung als auch Unionsfraktionschef Friedrich Merz haben angekündigt, auch den Wirtschaftsstabilisierungsfonds auf Verfassungsmäßigkeit prüfen zu lassen. Die Union will gegebenenfalls erneut vor Gericht zu ziehen. Habeck betonte, die Dankesschreiben für möglicherweise höhere Strompreise könnten die Bürgerinnen und Bürger an die Union richten.
Die oppositionelle Union hatte in Karlsruhe gegen die Umwidmung von Krediten von 60 Milliarden Euro im Bundeshaushalt geklagt. Sie waren zur Bewältigung der Corona-Krise genehmigt worden, sollten dann aber für Klimaschutz und die Modernisierung der Wirtschaft eingesetzt werden. Das Verfassungsgericht erklärte das Manöver der Ampel-Regierung für nichtig: Das Geld steht nun nicht mehr zur Verfügung. Das Urteil könnte darüber hinaus Folgen für den Umgang mit schuldenfinanzierten Sondervermögen in Bund und Ländern generell haben.
Die Union wies Habecks Schuldzuweisungen zurück. "Einzig das Versagen der Ampel hat Deutschland in diese Lage geführt, das war Verfassungsbruch mit Ansage", sagte Fraktionsvize Jens Spahn. "Diese Regierung hat ihre Finanzen nicht im Griff, sie wirft seit zwei Jahren mit Geld um sich, als gäbe es kein Morgen." Jetzt sei es Aufgabe der Regierung, Prioritäten zu setzen.
Die FDP brachte Kürzungen bei den Sozialausgaben ins Spiel, um das Milliardenloch zu stopfen. Die Ampel-Koalition müsse darüber reden, wo der Sozialstaat seinen Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten könne, sagte FDP-Fraktionschef Christian Dürr der Funke-Mediengruppe. Steuererhöhungen seien dagegen der falsche Weg, um die Wirtschaft anzukurbeln und den Wirtschaftsstandort Deutschland wieder wettbewerbsfähig zu machen. Ausgaben für die Rentenversicherung und die Grundsicherung gehören zu den größten im Bundeshaushalt. Der Etat des Bundesministeriums für Arbeit und Soziales beträgt mehr als 165 Milliarden Euro - als ein Drittel des Gesamtetats.
SPD-Fraktionsvize Sören Rix lehnte den FDP-Vorstoß ab. "Wenn die FDP jetzt Kürzungen bei den Sozialleistungen ins Spiel bringt, spielt sie nicht nur mit dem Zusammenhalt in der Koalition, sondern gefährdet auch massiv den demokratischen Zusammenhalt in unserem Land."