Die gefährliche Situation, in die Habeck gebracht worden sei, sei "völlig inakzeptabel" gewesen. "Die Sachbeschädigungen, auch die angekündigten Blockaden sind unverhältnismäßig", sagte Lindner mit Blick auf vergangene und für die kommende Woche angekündigte Proteste. Hier könne es wie sonst auch nur eine Konsequenz geben: "Landfriedensbruch, Nötigung, Sachbeschädigung - das sind Fälle für den Staatsanwalt."
Die Landwirtschaft sei keine Branche wie jede andere, denn sie habe etwas mit der Grundversorgung zu tun. "Diese Gesellschaft hat eine Verantwortung für die Landwirtschaft. Aber die Landwirtschaft hat umgekehrt auch eine Verantwortung für diese Gesellschaft", betonte Lindner.
Der Protest der Landwirte hat sich an Sparplänen der Bundesregierung im Agrarbereich entzündet. Allerdings wurde der zunächst vorgesehene Wegfall der Befreiung von der Kfz-Steuer inzwischen gestrichen. Die Subventionierung von Agrardiesel soll schrittweise auslaufen.
Lindner verteidigte die noch geplanten Subventionskürzungen. "Gerade eine europäisch und national so hochsubventionierte Branche wird sich nicht jedes Konsolidierungsbeitrags erwehren können." Man könne nicht auf der einen Seite von der jetzt gesenkten Stromsteuer profitieren wollen und zusätzliche Fördermittel für den Stallumbau fordern und auf der anderen Seite an alten Subventionen festhalten. "Wer neue Subventionen will, muss auch auf alte verzichten", betonte Lindner.
Der FDP-Vorsitzende hat zudem eine Rückkehr zur allgemeinen Wehrpflicht mit dem Ziel der Stärkung der Bundeswehr strikt abgelehnt. "Im 21. Jahrhundert besteht Landes- und Bündnisverteidigung nicht mehr darin, wieder Kreiswehrersatzämter einzurichten", so Lindner. Sie bestehe vielmehr darin, "dass wir hoch qualifizierte Soldatinnen und Soldaten für eine Technologie-Armee finden".
Der Bundesfinanzminister betonte: "In dieser Lage, in der wir sind, über die allgemeine Wehrpflicht nachzudenken, trägt nicht zur Sicherheit bei. Wir schwächen uns." In Zeiten von Arbeits- und Fachkräftemangel würde eine Generation davon abgehalten, einen qualifizierten Beruf zu erlernen und auszuüben, um einige Monate in der Bundeswehr "als angelernte Kraft" tätig zu sein. Zudem würde tief in individuelle Freiheiten eingegriffen.
Der FDP-Chef kritisierte den CSU-Vorsitzenden Markus Söder, der - "garniert mit einem Foto aus Rekrutentagen" - für die Rückkehr zu einer Wehrpflicht von mindestens sieben Monaten plädiert hatte. "Das hat nichts mit Realpolitik zu tun, das ist Romantik."
Die Wehrpflicht war im Juli 2011 ausgesetzt worden. Das kam in der Praxis einer Abschaffung von Wehr- und Zivildienst gleich, da auch alle Strukturen für die Musterung und Ausbildung einer größeren Zahl von Soldaten abgeschafft wurden. Verteidigungsminister Boris Pistorius (SPD) lässt derzeit wegen der veränderten Sicherheitslage Modelle einer Dienstpflicht prüfen, darunter das schwedische Wehrpflichtmodell. Dort werden alle jungen Frauen und Männer gemustert, aber nur ein Teil leistet Grundwehrdienst.
Lindner betonte, die Bundeswehr müsse auch über das Sondervermögen von 100 Milliarden Euro hinaus ertüchtigt werden, indem das Zwei-Prozent-Ziel der Nato umgesetzt werde. Diese Mittel aus dem Sondervermögen seien schon in wenigen Jahren ausgegeben. Dann müsse man die Bundeswehr aus dem laufenden Etat finanzieren. Dazu seien Richtungsentscheidungen und eine Prioritätensetzung nötig. Anderes müsse dann zurückgestellt werden. "Es wird nicht möglich sein, alles gleichzeitig zu tun."