PCLMedia

Die republikanischen Kandidaten für das Amt des Sprechers des US-Repräsentantenhauses haben die politische Lebensspanne von Eintagsfliegen entwickelt. Tom Emmer hatte am Dienstag kaum Zeit, sich über seinen geheimen Fünf-Runden-Sieg des Sprechers zu freuen, als alles zusammenbrach. Erst gestern hatte der ehemalige Präsident Donald Trump versprochen, sich aus der Kandidatur des republikanischen Sprechers herauszuhalten. Wenige Minuten nach der Krönung von Emmer zum designierten Sprecher veröffentlichte er jedoch einen vernichtenden Beitrag auf seiner Social-Media-Website.

Das US-Parlament verstrickt sich zunehmend in Chaos. Zweieinhalb Wochen nach der dramatischen Abwahl des bisherigen Vorsitzenden des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, beginnt die Suche nach einem Nachfolger von vorne. Nach drei verlorenen Wahlgängen für den mächtigen Chefposten im US-Kongress ist der Republikaner Jim Jordan aus dem Rennen. Die republikanische Fraktion ließ den Vertrauten des früheren US-Präsidenten Donald Trump gestern als ihren Kandidaten für das Amt fallen. Wer stattdessen antreten könnte, ist unklar. Frühestens am Dienstag könnte es erneut eine Wahl geben. Bis dahin liegt die gesetzgeberische Arbeit in der Kongresskammer weiter größtenteils brach.

Zu Beginn des Dienstags strahlte der republikanische Kandidat für das Amt des Sprechers des US-Repräsentantenhauses Zuversicht aus. Seine Anhänger hatten angedeutet, dass er bei der ersten Abstimmung möglicherweise weniger als zehn seiner Kollegen verlieren würde – und das würde ihn auf einen gleitenden Weg zum Sieg bringen. Stattdessen entschieden sich 20 seiner republikanischen Landsleute dafür, jemand anderen zu unterstützen – und nun ist sein Führungsanspruch ins Wanken geraten. Der von Trump unterstützte Kongressabgeordnete hatte beschlossen, eine öffentliche Abstimmung abzuhalten, um die Opposition auszutreiben.

Das Amt des Vorsitzenden des US-Repräsentantenhaus wird in den USA gerne als der schlimmste Job in Washington bezeichnet. Denn mit der Suche nach Mehrheiten in zersplitterten Fraktionen kann man es nie allen recht machen. Vor allem die knappe Mehrheit der Republikaner in der Kammer macht den Job schwierig. Dennoch bringt der Posten Prestige mit sich: Der oder die Vorsitzende kommt in der staatlichen Rangfolge an dritter Stelle nach dem Präsidenten und dessen Vize.

Nach dem historisch einmaligen Sturz von Repräsentantenhaus-Sprecher Kevin McCarthy ruht die Gesetzgebung im US-Kongress. Jeder Nachfolger muss mit einem erneuten Putsch der rechten Hardliner rechnen. Das könnte fatale Folgen für die Ukraine haben. Es dauerte keine Stunde, bis sich die ultrarechten Republikaner im Kongress vor ihrem großen Idol verneigten. "Ich schlage Donald Trump als neuen Sprecher des Repräsentantenhauses vor", postete der texanische Abgeordnete Troy Nehls am amerikanischen Dienstagabend auf der Plattform X, ehemals Twitter. Die Fantasie der Radikalen war beflügelt.

In den USA droht der Shutdown, aber einige Republikaner sind überzeugt: Präsident Biden soll sein Amt missbraucht haben, um seine Familie zu bereichern. Die Demokraten sehen in der Aktion ein Ablenkungsmanöver von den juristischen Problemen Donald Trumps. In einer Anhörung sprechen nun Experten. Führende Republikaner im US-Repräsentantenhaus haben bei einer ersten Anhörung zu einem möglichen Amtsenthebungsverfahren gegen Joe Biden ihre Vorwürfe gegen den Präsidenten bekräftigt. Es gebe einen "Berg an Beweisen" dafür, dass Biden sein Amt missbraucht habe, um seine Familie finanziell zu bereichern, sagte der Abgeordnete und Ausschussvorsitzende James Comer am Donnerstag zum Auftakt.

"Es ist einfach ein Drama", seufzte Jaime Herrera Beutler letzten Mittwoch, als die neue republikanische Mehrheit im Kongress wiederholt an ihrer ersten Verpflichtung scheiterte und 15 Stimmen erhielt, um einen Sprecher zu wählen. Beutler selbst beteiligte sich nicht am Posieren und Spielen. Nachdem sie nach den Unruhen im Kapitol am 6. Januar 2021 für die Amtsenthebung von Donald Trump gestimmt hatte, verpasste sie ihre Chance auf eine Wiederwahl, als Trump einen seiner Getreuen dazu drängte, sie herauszufordern. Der Trumpist verdrängte Beutler in einer Stichwahl, verlor dann bei den Parlamentswahlen gegen einen Demokraten: Trump hatte seine kleine Rache, für die die Republikaner bezahlten.

Nach Beginn einer neuen Sitzung besteht die erste Tagesordnung für das Repräsentantenhaus darin, einen Redner auszuwählen. Seit einem Jahrhundert ist dies eine reine Formsache, wobei die Partei an der Macht genug Organisation und Respekt für das Land hat, um sich schnell anderen Angelegenheiten zuzuwenden. Aber am Dienstag brach die republikanische Partei diesen Streifen grundlegender Kompetenz und scheiterte in drei separaten Wahlgängen, um die Stimmen für die Installation von Kevin McCarthy, dem mutmaßlichen Spitzenkandidaten, als Redner wählen zu lassen.