Die Konferenz stehe "im Schatten der Ereignisse im Nahen Osten und der unmittelbaren Auswirkungen, die dieser Konflikt auf uns in Deutschland hat", sagte Faeser in ihrer Eröffnungsrede. Gerade in solch schwierigen Zeiten sei die Islam-Konferenz als Forum des Dialoges wichtig. "Dies ist ein Forum, in dem wir aktuelle Herausforderungen offen und auf Augenhöhe miteinander diskutieren können."
Sehr direkt sprach Faeser den deutsch-türkischen Islamverband Ditib an. Es bestürze sie, "dass in Räumen der Ditib ein prominenter Vertreter des Terrorregimes der Taliban auftreten konnte", sagte Faeser. "Ich habe die Erklärung und Distanzierung der örtlichen Gemeinde und des Bundesverbands der Ditib zur Kenntnis genommen. Dennoch frage ich sehr klar und erwarte darauf auch bald eine sehr klare Antwort: Wie garantieren Sie uns allen, dass so etwas nicht mehr vorkommt?" Der Auftritt in der vergangenen Woche sei keine interne Angelegenheit des Vereins, sondern berühre die Sicherheit der Bundesrepublik.
Mit Blick auf den Krieg in Gaza und die Unterstützung der Hamas bei Demonstrationen in Deutschland sagte die Ministerin, der Nahostkonflikt dürfe nicht auf deutschen Straßen ausgetragen werden. "Dass dieser Konflikt sich bei uns weiter gewalttätig niederschlägt, werden wir mit aller Kraft verhindern", sagte Faeser.
Die Bundesinnenministerin betonte aber auch: "Auf keinen Fall dürfen Muslime in Deutschland für islamistischen Terrorismus in Haftung genommen werden. Denn die meisten Musliminnen und Muslime sind seit langem tief verwurzelt in unserer demokratischen Gesellschaft. Sie sind von den Bildern der entgrenzten Gewalt der Hamas genauso schockiert wie wir." Sie appellierte an die großen islamischen Verbände in Deutschland, den Kampf gegen Antisemitismus noch sichtbarer voranzutreiben.
Die in Deutschland lebenden Muslime wüssten, was es bedeute, wenn man sich aus Angst vor Angriffen nicht sicher fühlt. "Muslime in Deutschland stoßen tagtäglich auf Ressentiments und negative Zuschreibungen. In den Medien, in politischen Debatten und in der Kneipe wird immer noch mehr über Muslime geredet als mit ihnen", so Faeser. Der Abschlussbericht des unabhängigen Expertenkreises Muslimfeindlichkeit habe gezeigt, dass etwa jede zweite Person in Deutschland muslimfeindlichen Aussagen zustimme. Der Bericht gehe davon aus, dass es viel mehr Übergriffe auf Muslime gibt, als die offiziellen Zahlen besagen. "Wir werden daher mit der DIK die Empfehlung aufgreifen, Möglichkeiten zur Dokumentation auszubauen, genauso wie Melde- und Beratungsstellen für Betroffene von Muslimfeindlichkeit", sagte die Bundesinnenministerin.
Auch der ehemalige Bundespräsident Christian Wulff sprach zur Eröffnung der Tagung. Dabei wiederholte er seine viel beachtete Aussage aus dem Jahr 2010, nach der der Islam zu Deutschland gehöre. Wie Bundesinnenministerin Faeser äußerte auch Wulff deutliche Kritik an muslimischem Antisemitismus. Die überwältigende Mehrheit der Muslime und Musliminnen in Deutschland bejahe jedoch "unsere politische Ordnung und Verfassung". Wer antisemitische Angriffe verurteile, müsse auch muslimfeindliche Angriffe verurteilen.
Bei der Tagung, die am Mittwoch fortgesetzt wird, standen nach den Reden von Faeser und Wulff noch Podiumsdiskussionen und Workshops auf der Tagesordnung. Unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern waren neben Vertretern muslimischer Verbände auch Vertreter jüdischer und christlicher Verbände und zivilgesellschaftlicher Gruppen. Der von Faeser betonte "offene Dialog" fand dabei jedoch zumindest bei den öffentlichen Podiumsdiskussionen fast gänzlich ohne die Islamverbände statt. Lediglich bei einem Podium am Mittwoch sollte ein Vertreter der Malikitischen Gemeinde Deutschlands sprechen.