In der täglich aktualisierten Liste der russischen Verluste in der Ukraine seit Kriegsbeginn führte der ukrainische Generalstab am Sonntag 324.830 Soldaten an, die entweder getötet oder verwundet worden seien. Die Zahl der bisher zerstörten Panzer der russischen Streitkräfte wurde mit 5513 angegeben. Bei der Abwehr russischer Luftangriffe wollen die ukrainischen Streitkräfte zudem 5900 Drohnen abgeschossen haben. Auch diese Angaben lassen sich nicht überprüfen.
Weder Kiew noch Moskau veröffentlichen die tatsächlichen Verluste ihrer Streitkräfte. US-Experten schätzten zuletzt im Sommer die russischen Verluste auf rund 120.000 Tote und 180.000 Verwundete, auf ukrainischer Seite sollen demnach 70.000 Soldaten getötet und rund 120.000 verwundet worden sein.
Kiews Militär hat unterdessen angesichts der laufenden russischen Offensive im Osten des Landes vor der Gefahr einer neuen Einnahme der Industriestadt Kupjansk im Gebiet Charkiw gewarnt. "Die russischen Besatzer haben die Absicht nicht aufgegeben, die Stadt Kupjansk anzugreifen, sie wollen sie wieder besetzen", sagte der Sprecher der ukrainischen Heerestruppen, Wolodymyr Fitjo, am Sonntag im Fernsehen. In den vergangenen Wochen haben die russischen Truppen im Nordosten der Ukraine die Initiative zurückerlangt und konnten Geländegewinne erzielen.
Laut Fitjo laufen die Kämpfe jetzt um die Ortschaft Synkiwka, wenige Kilometer nordöstlich von Kupjansk. In dem Raum habe das ukrainische Militär vier russische Angriffe zurückgeschlagen. Im vergangenen Herbst konnte die Ukraine im Zuge ihrer Gegenoffensive große Teile des Gebiets Charkiw, darunter auch den wichtigen Eisenbahnknoten Kupjansk am Fluss Oskil befreien. Die Ukrainer setzten über den Fluss über und trieben die russischen Besatzer bis in die benachbarte Region Luhansk zurück. Inzwischen verläuft die Kampflinie zumeist aber wieder im Charkiwer Gebiet.
Auch weiter südlich, im ostukrainischen Gebiet Donezk, ist das ukrainische Militär in der Defensive. Besonders schwer ist die Lage rund um die Stadt Awdijiwka. Nach Angaben russischer Militärblogger sind Moskaus Streitkräften weitere Geländegewinne im Industriegebiet der Stadt gelungen. Berichten des ukrainischen Generalstabs zufolge haben Kiews Streitkräfte in den letzten 24 Stunden Angriffe nordöstlich, westlich und südwestlich von Avdiivka abgewehrt. Am vergangenen Tag führte Russland Luftangriffe zur Unterstützung von Bodenoperationen durch, die darauf abzielten, die Stadt am Stadtrand von Donezk einzukreisen.
Das Institute for the Study of War (ISW) geht davon aus, dass russische Truppen wahrscheinlich versuchen, die ukrainischen Versorgungsleitungen nach Awdijiwka zu unterbrechen, um die Stadt zu isolieren. Die ukrainischen Verteidiger halten jedoch weiterhin ihre Stellungen und haben 23 russische Angriffe abgewehrt.
Nach weiteren Berichten von Euromaiden haben russische Einheiten in der Nähe der Siedlungen Stepove, Pervomaiske und Novokalynove Infanterieangriffe unternommen, um wichtige Zufahrtsstraßen nach Avdiivka zu blockieren. Bisher haben diese Angriffe keinen Durchbruch erzielt, da ukrainische Truppen immer noch die Hauptstraßen kontrollieren, die in die Stadt führen.