Die "Bild"-Zeitung berichtete, der FDP-Politiker sei aber als Bundestagsvizepräsident und FDP-Vizechef vorgestellt worden und habe gegen Wirtschaftsminister Robert Habeck ausgeteilt – den Grünen-Politiker kann er besonders schlecht leiden. Die Karibikrundfahrt habe sich Kubicki bezahlen lassen, der Kabinenpreis pro Woche belaufe sich auf einen höheren vierstelligen Betrag.
Währenddessen steckt die Ampel in Deutschland in der Krise und sein Landesverband in Schleswig-Holstein kommt ohne seinen Frontmann zum Parteitag zusammen. Das Haushaltsurteil des Bundesverfassungsgerichts hat der Finanzpolitik von Kanzler Olaf Scholz (SPD), aber auch von Kubickis Parteichef und Finanzminister Christian Lindner zum Teil die Grundlage entzogen. Unklar ist, wie es mit der Förderung des klimaneutralen Umbaus in Deutschland weitergeht.
Aus der Ferne hat Kubicki – nach Angaben seines Büros – deutlich gemacht, er wünsche sich, dass bei dem grünen Koalitionspartner auch in der Energiepolitik derselbe Realismus einkehre, wie er es sich in Fragen der Migrationspolitik wünsche. Angesichts der Haushaltslage wäre es sinnvoll, "das Gebäudeenergiegesetz mindestens zu suspendieren". Habeck werde das sicherlich auch wissen. Die Lesart "Heizungsgesetz weg oder Habeck weg" sei eine verkürzte Darstellung des Gesagten.
Die Erste Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen im Bundestag, Irene Mihalic, sagt, stellvertretende Bundestagspräsidenten hätten Vorbildfunktion. "Gerade in Zeiten, in denen wir intensiv über Haushaltsfragen sprechen, ist es da fragwürdig, sich eine Kreuzfahrt sponsern zu lassen. Und wenn er dann im warmen Seewind noch die soziale Förderung des Einbaus neuer Heizungen kritisiert, muss man sich schon die Frage stellen, welche Maßstäbe Herr Kubicki an sein eigenes Handeln und Reden anlegt."
Kubicki antwortet am Montag auf Anfrage, ob hohe Amtsträger Vorbildcharakter hätten: "Ja, aber anders, als Sie es vielleicht meinen. Ein Beispiel: Robert Habeck ist zwar Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland, ist für mich aber kein Vorbild." Auf die Frage, ob ein solch kostenloser Aufenthalt auf dem Schiff Privatsache eines Bundestagsvizepräsidenten sei, erklärt Kubicki: "Ich habe einen Vertrag mit der Firma von Frau Christiansen als Autor des Buches ‚Sagen, was Sache ist‘ abgeschlossen, nicht als Vizepräsident des Deutschen Bundestages. Außerdem habe ich eine Leistung erbracht, die entsprechend abgegolten wurde. Ich bin vertragstreu."
SPD-Vizefraktionschef Matthias Miersch sagt: "Scheinbar ist Wolfgang Kubicki die karibische Sonne etwas zu Kopf gestiegen: Bis 2045 wollen wir klimaneutral leben – auch diese Vorgabe des Verfassungsgerichts gilt. Darum müssen wir jetzt unsere Gebäude und Heizungen klimafreundlich aufstellen. Das wird ohne die massive Förderung des Heizungsgesetzes nicht gehen." Und noch dies: "Nicht jeder kann sich eine 7000-Euro-Luxuskreuzfahrt leisten, darum fördern wir den Einbau klimafreundlicher Heizungen mit bis zu 70 Prozent."
FDP-Fraktion und Partei wollten auf Anfrage nicht zu ihrem Fraktions- und Parteimitglied Stellung nehmen. Bundestagspräsidentin Bärbel Bas äußert sich mit Verweis ihres Büros auf eine Dienstreise nicht.
In seinem Vorwort zu "Sagen, was Sache ist" schreibt Kubicki: "Viele scheuen sich offenbar, Gesicht zu zeigen und in der Öffentlichkeit zu sagen, was Sache ist. Es ist eine gefährliche Entwicklung, weil eine freie Gesellschaft auf die regelbasierte Kontroverse mit offenem Visier angewiesen ist. Wenn wir im Ringen um die bessere Lösung entweder die Regeln des Anstands verlassen oder nicht mehr unsere Meinung in der Öffentlichkeit angstfrei zu vertreten wagen, bekommen wir über kurz oder lang ein echtes Demokratieproblem." Angst hat Kubicki nicht.