Der Bund hatte rund 60 Milliarden Euro an nicht abgerufenen Corona-Krediten für Klimaschutz und die Modernisierung der Industrie umgewidmet und in den Klima- und Transformationsfonds gesteckt. Das hat das Bundesverfassungsgericht untersagt, so dass nun 60 Milliarden in dem Fonds fehlen. Zuletzt waren Stimmen laut geworden, dass die Schuldenbremse derart modifiziert werden könnte, dass sie Kredite für Investitionen anders betrachtet als die für konsumtive Ausgaben.
Nach dem Urteil müsse neu priorisiert werden, für was Geld ausgegeben werde, sagte Wissing. Das finde derzeit statt und sei eine Kernaufgabe der Politik.
Die Jungen Liberalen haben Finanzminister Christian Lindner (FDP) zur Einhaltung der Schuldenbremse in den kommenden zwei Jahren aufgefordert. "Für das kommende Haushaltsjahr ist eine Notsituation, die die Aussetzung der Schuldenbremse begründen könnte, nicht absehbar. Wir erwarten von Christian Lindner als FDP-Vorsitzendem deshalb ein klares Bekenntnis zur Einhaltung der Schuldenbremse in den Jahren 2024 und 2025″, teilte die Vorsitzende der FDP-Jugendorganisation, Franziska Brandmann, am Freitag mit. Steuererhöhungen schlossen die Jungen Liberalen aus.
Nach dem Karlsruher Haushaltsurteil will die Ampel-Koalition für dieses Jahr die Ausnahmeregelung der Schuldenbremse nutzen. Lindner hatte am Donnerstag angekündigt, er werde dem Kabinett in der kommenden Woche einen Nachtragshaushalt vorlegen. Die Bundesregierung werde dem Bundestag vorschlagen, eine außergewöhnliche Notlage zu erklären. Damit sollen in diesem Jahr bereits genutzte Kredite nachträglich rechtlich abgesichert werden.
Brandmann nannte diesen Schritt notwendig: "Es ist bitter, dass sechs Wochen vor Ende des Jahres 2023 nachträglich eine Notsituation festgestellt werden muss. Es ist aber die notwendige Folge aus dem Urteil des Bundesverfassungsgerichts." Für die Jungen Liberalen sei zentral, dass keine neuen Schulden aufgenommen würden, sondern die verfassungswidrige vorherige Praxis korrigiert werde.
Die Umwidmung von Krediten in den Klima- und Transformationsfonds hätte nicht passieren dürfen. "Es war ein Fehler der Ampel-Koalition und ein Fehler der FDP, diesen Kompromiss zu schließen. Es war auch ein Fehler der Jungen Liberalen, dieses Vorgehen nicht kritisch zu hinterfragen", erklärte Brandmann.
Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) hat erneut eine schnelle Neuaufstellung des Bundeshaushalts nach dem Karlsruher Haushaltsurteil angekündigt. "Wenn das Gericht gesprochen hat, geht es nur noch darum, dass man in die Umsetzung kommt", sagte Scholz am Samstag in seiner Rede auf dem Parteitag der Brandenburger SPD in Schönefeld. Und dies solle schnell geschehen. Die wichtigsten Ziele der Regierung blieben trotz der geänderten Rahmenbedingungen unverändert, sagte der Kanzler.
"Wir werden die Ukraine weiter unterstützen. Wir werden alles dafür tun, um ökonomische Folgen aus dem Krieg abzufedern", betonte er. "Wir werden alles dafür tun, den Zusammenhalt im Land zu bewahren. Und das gilt auch für das große Projekt der industriellen Modernisierung in Deutschland."
"Das wird nicht leicht", räumte er ein. "Aber statt Beratungsergebnisse vorweg zu erörtern, würde ich sagen, wir machen uns lieber an die Arbeit."
Die Bundesregierung habe sehr viel Geld mobilisiert, um die Energiepreise zu subventionieren, betonte der Kanzler. "Der "Doppelwumms" waren 200 Milliarden Euro." Davon habe man aber nur 45 bis 46 Milliarden gebraucht. Deswegen werde die Regierung noch einmal für dieses Jahr von einer Ausnahme für die Schuldenbremse Gebrauch machen.