Frontex habe "die Pflicht, Leben auf See zu retten", betonte O'Reilly. In der Praxis fehlten der EU-Grenzagentur jedoch die Befugnisse, um im Notfall einzugreifen. Die Frontex-Beamten seien in ihrer Arbeit zu stark von nationalen - in dem untersuchten Fall von griechischen und italienischen - Behörden abhängig, heißt es in dem Bericht weiter.
Der Trawler "Adriana" war im Juni vergangenen Jahres vor der griechischen Küste mit schätzungsweise mehr als 750 Migrantinnen und Migranten an Bord gesunken, nur 104 Passagiere überlebten. Sowohl die EU-Grenzagentur als auch die nationalen Behörden und private Schiffe wussten dem EU-Bericht zufolge von der Existenz des überfülltes Schiffes in Seenot.
Frontex habe den griechischen Behörden vier Unterstützungsangebote unterbreitet, aber nie eine Antwort erhalten. Ohne eine Erlaubnis aus Griechenland hätten die EU-Beamten nicht eingreifen können. Frontex habe zudem keine internen Richtlinien für die Absetzung von Notrufen und Grundrechtsbeauftragte würden nicht ausreichend in die Entscheidungen auf See einbezogen.
Die EU-Ombudsfrau forderte eine Reform der Such- und Rettungsregeln der EU und eine öffentliche Untersuchung der Todesfälle im Mittelmeer. Wenn die EU-Grenzagentur mit nationalen Behörden zusammmenarbeite, die ihren Pflichten nicht nachkämen, dann bestehe "die Gefahr, dass sie sich an Aktionen beteiligt, die gegen die Grundrechte verstoßen und Menschenleben kosten".
Überlebende der Adriana hatten berichtet, wie die griechische Küstenwache ein Seil an dem Schiff befestigte und wieder ins Meer hinauszog, wo es kenterte. Die griechischen Behörden bestreiten die Vorwürfe.