Inzwischen hat Snowden, der am Mittwoch (21. Juni) seinen 40. Geburtstag feiert, auch die russische Staatsbürgerschaft. Am Freitag ist es genau zehn Jahre her, dass er mit einer Maschine der russischen Fluggesellschaft Aeroflot in Moskau landete. 40 Tage verbrachte er in der Transitzone auf dem Flughafen Scheremetjewo, während sich die Weltpresse um Zugang bemühte. Kurz zuvor hatte er Dokumente zu Spähaktivitäten des US-Abhördienstes NSA und dessen britischen Gegenparts GCHQ an Journalisten gegeben. Auf der Flucht über Hongkong wollte er damals eigenen Angaben zufolge eigentlich nach Ecuador - strandete aber in Scheremetjewo, nachdem die US-Regierung seinen Reisepass annulliert hatte. Ein Visum hatte er nicht. Als es sich offenbar kein Land mit den USA verscherzen wollte, wagte sich Russland unter Präsident Wladimir Putin aus der Deckung und nahm ihn auf.
Snowden sehe sich in der Tradition des russischen Dissidenten und Friedensnobelpreisträgers Andrej Sacharow, sagte Putin damals zur Begründung. Inzwischen hat der Kremlchef nicht nur das Sacharow-Zentrum in Moskau schließen lassen, sondern auch freie Medien und einen großen Teil der zivilgesellschaftlichen Nichtregierungsorganisationen zerstört. Für freiheitliche Denker wie Snowden ist kaum noch Platz. Der Whistleblower selbst schweigt zur russischen Politik. Sein Aufenthaltsort ist ein Geheimnis.
Zum Jahrestag seiner Enthüllungen wies Snowden im Interview mit Greenwald darauf hin, dass es immerhin gelungen sei, die bei den Abhörmanövern gewonnenen NSA-Informationen in Sicherheit zu halten. Bis heute kennt die Öffentlichkeit die Inhalte nicht. Snowden machte stets deutlich, dass es ihm um Kritik am illegalen Sammeln von Informationen durch den Staat geht. Und er kritisierte einmal mehr, die USA stellten zu viele Informationen unter Geheimhaltung. Was er selbst tun würde, wenn er US-Präsident wäre, wurde Snowden unlängst gefragt. Seine Antwort bei Twitter: "Ich würde die Zahl der Dinge, die wir als geheim einstufen, um mehr als 99 Prozent reduzieren." Snowden - Mitglied im Vorstand der US-Stiftung Freedom of the Press Foundation - forderte auch mehr Schutz für Journalisten und Whistleblowern, die Missstände aufdecken.
Nach dem Tod des Friedensaktivisten und Stiftungsgründers Daniel Ellsberg vorige Woche kritisierte Snowden, dass die US-Regierung "Missbrauch" mit Staatsgeheimnissen betreibe. Ellsberg habe darauf hingewiesen, dass Geheimdienste vorrangig ein politisches "System der Kontrolle" schaffen wollten und nicht zum Schutz der Öffentlichkeit da seien. Der Staat untergrabe so die Demokratie. Snowden wird nach eigenem Bekunden in seinem russischen Exil in Ruhe gelassen. Zusammen mit seiner Frau Lindsay bemühte er sich nach der Geburt ihres Sohnes 2020 um die russische Staatsbürgerschaft, um die gleichen Rechte wie das Kind zu haben, das automatisch Russe wurde. Ihre US-Staatsbürgerschaft wollten sie aber nicht aufgeben. "Ich bin in Russland, weil das Weiße Haus meinen Pass annulliert hat, um mich hier festzusetzen", sagte Snowden. Im September schließlich erkannte ihm Putin die Staatsbürgerschaft zu. Er hat nun einen russischen Pass.
Die Reaktion aus Washington fiel erwartbar aus. Der Sprecher des US-Außenministeriums, Ned Price, ätzte, Snowden habe bereits seit langem Moskau seine Treue signalisiert. Belege einer Zusammenarbeit mit den Russen gibt es aber nicht. Snowden lebt auf Distanz, ist kaum in der Öffentlichkeit zu sehen. Er selbst betont immer wieder, nicht mit russischen Behörden zusammenzuarbeiten. In den USA gelten auch unter Präsident Joe Biden die Anklagepunkte von 2013 - unter anderem Verstoß gegen ein Spionagegesetz. Bei einer Verurteilung könnte allein das bereits zehn Jahre Haft bedeuten. In der Amtszeit von Donald Trump wurde über eine Begnadigung spekuliert - auch, weil einige einflussreiche Republikaner sich dafür aussprachen. Doch Trump fasste den Fall nicht an. Heute ist von einer Begnadigung keine Rede mehr.
Snowden selbst hatte vor Jahren dem TV-Sender CBS gesagt, er würde sich einem Prozess in den Vereinigten Staaten unter Bedingungen stellen. Dazu gehöre, dass das Verfahren öffentlich wäre und eine Jury Motive und Schuld abwägen könne. "Ich bitte nicht um eine Parade. Ich bitte nicht um Begnadigung", sagte Snowden. Es gehe ihm allein um ein faires Verfahren. In der US-Öffentlichkeit spielt der Fall Edward Snowden indes keine große Rolle mehr. Die meisten Umfragen sind viele Jahre her. Es scheint, dass Snowden in seiner Heimat von weit weniger Menschen als Held gesehen wird als in anderen Teilen der Welt. Während Menschenrechtsorganisationen wie Amnesty International eine Begnadigung fordern, lehnen viele US-Kommentatoren dies strikt ab.
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