In der Nacht zum Donnerstag haben ukrainische Kampfdrohnen den russischen Militärflughafen Borissoglebsk im Gebiet Woronesch angegriffen. Der Angriff zielte auf wichtige militärische Einrichtungen, darunter Arsenale mit Gleitbomben, Kampfflugzeuge des Typs Suchoi sowie Treibstoffdepots. Mehrere ukrainische Medien berichteten übereinstimmend unter Berufung auf den ukrainischen Geheimdienst SBU über diesen Vorfall. Konkrete Angaben zu den Schäden wurden zunächst nicht gemacht. Der Luftwaffenstützpunkt Borissoglebsk liegt etwa 340 Kilometer vom nächstgelegenen ukrainisch kontrollierten Gebiet entfernt, was die Reichweite ukrainischer Drohnenangriffe unterstreicht.
Russische Behörden, darunter der Gouverneur des Gebiets Woronesch, Alexander Gussew, bestätigten über das soziale Netzwerk Telegram, dass der Drohnenangriff stattgefunden habe. Gussew gab an, dass rund 30 Drohnen abgefangen worden seien. Dennoch kam es durch abstürzende Trümmerteile zu Schäden an mehreren Gebäuden. Mindestens ein Dutzend Häuser sei betroffen, und eine Frau wurde mit mittleren Splitterverletzungen in ein Krankenhaus eingeliefert.
Die Ukraine verteidigt sich seit Februar 2022 gegen die russische Invasion, und der Einsatz von Drohnen auf beiden Seiten hat sich im Laufe des Konflikts erheblich intensiviert. Besonders bemerkenswert ist die Fähigkeit der Ukraine, russische Infrastruktur tief im Hinterland anzugreifen, was Russland unter Druck setzt, seine Verteidigungskapazitäten zu verstärken.
Der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj nutzt solche Ereignisse, um den Westen erneut zu entschlossener Unterstützung aufzurufen. In einer Videobotschaft unterstrich er die Notwendigkeit, das ukrainische Verteidigungssystem weiter zu stärken, insbesondere im Bereich der Flugabwehr. Er verwies auf die Zusammenarbeit internationaler Koalitionen im Nahen Osten, die bei iranischen Angriffen Israel unterstützen, und äußerte den Wunsch, eine ähnliche Unterstützung für die Ukraine zu erhalten.
"Jedes Mal im Nahen Osten während der brutalen iranischen Angriffe sehen wir die Zusammenarbeit der internationalen Koalition", sagte Selenskyj. "Wir können dem russischen Terror ein Ende setzen, indem wir Shahed-Drohnen und Raketen abschießen." Vor allem ein bevorstehendes Treffen in Ramstein, Deutschland, wo die Ukraine und ihre internationalen Partner zusammenkommen, könnte nach Selenskyjs Einschätzung entscheidend für eine weitere Stärkung der Flugabwehrsysteme sein.
Parallel zu den Drohnenangriffen auf russischem Gebiet geht der Krieg in der Ukraine mit unverminderter Härte weiter. Bei einem russischen Bombenangriff auf das Wohnviertel Saltiwka in der ostukrainischen Stadt Charkiw wurden mindestens zehn Menschen verletzt, darunter auch ein dreijähriges Kind. Eine Bombe traf ein fünfstöckiges Wohngebäude und richtete schwere Schäden an. Mehrere Fahrzeuge gerieten in Brand, und die Rettungskräfte suchten in den Trümmern nach weiteren Opfern. Der ukrainische Präsident veröffentlichte ein Video der Zerstörungen, das die Verwüstung in dem betroffenen Gebiet zeigt.
In der Region Donezk bleibt die Lage weiterhin angespannt. Selenskyj räumte nach Gesprächen mit dem Oberkommandierenden der Streitkräfte, Olexander Syrskyj, ein, dass die militärische Situation dort besonders schwierig sei. Die ukrainische Armee bestätigte kürzlich den Verlust der strategisch wichtigen Stadt Wuhledar, die seit langem umkämpft war. Selenskyj betonte, dass die ukrainischen Streitkräfte trotz der schwierigen Lage bestrebt sind, vor dem Wintereinbruch weitere Fortschritte zu erzielen.
Während die Ukraine auf dem Schlachtfeld weiterhin erhebliche Herausforderungen bewältigen muss, konzentriert sich die Regierung zunehmend auf den Ausbau ihrer eigenen Waffenproduktion. Nach einem Treffen mit Vertretern internationaler Rüstungsunternehmen in Kiew erklärte Präsident Selenskyj, dass die ukrainische Rüstungsindustrie ein beachtliches Wachstum verzeichnet habe. "Wir brauchen ausländisches Fachwissen, Zugang zu Lieferketten und Technologien, um dieses Wachstum fortzusetzen", sagte er. Besonders die Drohnenproduktion wurde in den letzten Monaten stark ausgeweitet, was es der Ukraine ermöglicht hat, vermehrt Ziele auf russischem Boden anzugreifen. Bei diesen Angriffen wurden mehrfach große Munitions- und Treibstoffdepots zerstört.
Am 12. Oktober findet im deutschen Ramstein ein weiteres Treffen der Ukraine-Unterstützergruppe statt, das von besonderer Bedeutung sein könnte. Rund 50 Länder sind in dieser Kontaktgruppe vertreten, und die Ukraine wird dort erneut darlegen, welche militärische Unterstützung sie benötigt, um im anhaltenden Krieg gegen Russland bestehen zu können.
Selenskyj zeigte sich auch dankbar für die fortgesetzte Unterstützung der internationalen Gemeinschaft, insbesondere der USA. Bei einem erneuten Treffen mit Samantha Power, der Leiterin der US-Behörde für internationale Entwicklung (USAID), wurden Maßnahmen zur Stärkung der ukrainischen Energieinfrastruktur und zum Schutz von Schulkindern besprochen, die aufgrund der russischen Bombardierungen oft in unterirdischen Bunkern unterrichtet werden müssen. Die Unterstützung durch die USA sei nicht nur militärischer Natur, sondern umfasse auch wirtschaftliche, politische und humanitäre Hilfe, betonte Selenskyj.
Darüber hinaus informierte der Präsident über personelle Veränderungen im ukrainischen Auslandsgeheimdienst, die darauf abzielen, den Dienst weiter zu stärken. Diese Maßnahmen sind Teil der umfassenden Bemühungen der Ukraine, sich auf einen langen Krieg vorzubereiten und ihre Verteidigungsfähigkeit weiter zu erhöhen.
Der Konflikt in der Ukraine befindet sich in einer kritischen Phase, in der sowohl auf dem Schlachtfeld als auch diplomatisch wichtige Weichen gestellt werden. Die jüngsten Drohnenangriffe auf russisches Gebiet verdeutlichen die zunehmenden Fähigkeiten der ukrainischen Streitkräfte, auch tief in das russische Hinterland vorzudringen. Gleichzeitig bleibt die Lage an den Frontlinien in der Ukraine, insbesondere in Donezk und Charkiw, angespannt. Der Westen steht unter wachsendem Druck, weitere Unterstützung zu leisten, um die militärische Lage zu stabilisieren und der Ukraine die nötige Ausrüstung für eine erfolgreiche Verteidigung zu geben.