Landwirtschaft sei schon immer Draußenwirtschaft gewesen, und mit Wetterschwankungen könnten die Betriebe umgehen, sagte der Grünen-Politiker am Montag bei der Vorlage erster amtlicher Daten zur Ernte 2023. "Das neue Normal sieht aber anders aus: Extremwetter als Folgen der Klimakrise machen unsere Ernten immer stärker zu einem Lotteriespiel." Das zeige sich an langen Hitzephasen und Dürren sowie andererseits an Unwettern mit Regen, Hagel und Sturm. Damit müssten Betriebe zunehmend umgehen.
Mit Blick auf die voraussichtlichen Ergebnisse dieses Sommers sagte Özdemir: "Alles in allem können wir zufrieden sein mit der Ernte." Laut ersten vorläufigen Daten dürften 38 Millionen Tonnen Getreide (ohne Körnermais) hereinkommen - 4,1 Prozent weniger als im Vorjahr und 2,1 Prozent weniger als im mehrjährigen Mittel. Özdemir sagte, die Landwirte hätten in den vergangenen Wochen Großes geleistet und dafür gesorgt, dass die Speicher in Deutschland insgesamt gut gefüllt seien - obwohl die Betriebe je nach Region und Anbaukultur mit teils enormen Wetterherausforderungen zu kämpfen gehabt hätten.
Der Deutsche Bauernverband hatte die Ernte 2023 in der vergangenen Woche als "echte Zitterpartie" bezeichnet und in einer vorläufigen Bilanz ebenfalls von einem Rückgang der Getreidemenge berichtet. Auf ein nasses Frühjahr folgte lange Trockenheit im Mai und Juni, die Ernte war dann häufig von Regen unterbrochen. Angesichts der deutlich spürbaren Auswirkungen des Klimawandels gelte es alles zu tun, um Erträge und die Ernährung sichern zu können, betonte der Verband. Dazu gehörten widerstandsfähigere Pflanzen, eine breite Palette an Pflanzenschutz-Wirkstoffen und eine wassersparende Bodenbearbeitung.
Özdemir sagte, es gelte die Landwirtschaft klimafest zu machen. Wer glaube, man könnte später mit Klimaschutz und Klimafolgenanpassung anfangen, vertrete nicht die Interessen der Branche. "Kurzfristige Erntemaximierungen gehen zulasten unserer natürlichen Ressourcen und gefährden damit langfristig die Versorgungssicherheit." Der Naturschutzbunds (Nabu) erklärte, der diesjährige Regensommer zeige das andere Gesicht der Klimakrise, die die Lebensmittelproduktion vor Herausforderungen stelle. Umso wichtiger sei es, die Agrarflächen naturverträglich zu nutzen und so widerstandsfähiger gegen Dürren und Starkregen zu machen, etwa mit humusreichen Böden und Blühstreifen.
Özdemir sagte: "Die Lebensmittelpreise bleiben ein Inflationstreiber. Ganz besonders dort, wo Produktionskosten hoch sind durch teure Energie oder Betriebsmittel." Die Branche werde deshalb darin unterstützt, sich unabhängiger von synthetischem Dünger oder Pflanzenschutzmitteln zu machen. "In eine klimafeste Landwirtschaft zu investieren, macht uns unabhängiger von volatilen Weltmärkten und ist sinnvoller und günstiger, als Schäden auszugleichen."
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