Während die Senatoren debattierten, tobten draußen heftige Auseinandersetzungen. Tausende Demonstranten, darunter Banker, Lehrer, LKW-Fahrer und Mitglieder verschiedener Gewerkschaften, versammelten sich vor dem Kongressgebäude. Sie protestierten lautstark gegen die Sparmaßnahmen und wirtschaftlichen Deregulierungen, die Milei durchsetzen will. Die Menge skandierte Parolen wie "Unser Land steht nicht zum Verkauf!" und "Wir werden den Staat verteidigen!".
Die Proteste eskalierten schnell, als vermummte Demonstranten begannen, Steine und Molotowcocktails auf die Polizei zu werfen. Die Sicherheitskräfte reagierten mit Tränengas, Wasserwerfern und Schlagstöcken, um die Menge zurückzudrängen. Autos gingen in Flammen auf, und Barrikaden wurden errichtet. Dutzende Menschen, darunter auch Polizisten, wurden verletzt. Laut einem Bericht des Fernsehsenders TN nahm die Polizei rund 20 Verdächtige fest.
Das Reformpaket, das nun zur endgültigen Abstimmung an das Unterhaus zurückgeht, umfasst Maßnahmen zur Senkung der Einkommenssteuerschwelle und ein umfassendes Gesetz zur Staatsreform, das ursprünglich über 600 Artikel umfasste, aber auf 238 Artikel reduziert wurde. Die Maßnahmen beinhalten Steuererleichterungen für Großinvestoren, Privatisierungen staatlicher Unternehmen und Erleichterungen für Unternehmen bei der Entlassung von Mitarbeitern. Kritiker warnen, dass diese Reformen die Rechte der Arbeiter und Rentner erheblich einschränken und die wirtschaftliche Ungleichheit verschärfen könnten.
Präsident Milei, der mit dem Versprechen an die Macht kam, Argentiniens schwerste Wirtschaftskrise seit zwei Jahrzehnten zu lösen, sieht in den Reformen einen notwendigen Schritt zur Stabilisierung der Wirtschaft. Die Inflation liegt bei fast 300 Prozent und die Rezession hat sich weiter verschärft. Doch Mileis politische Partei, die nur eine Minderheit der Sitze im Kongress hält, hat Schwierigkeiten, die Opposition zu überzeugen und Mehrheiten für seine Vorschläge zu sichern.
Die Abstimmung im Senat war ein entscheidender Test für Mileis Regierungsfähigkeit. Analysten betonen, dass die Fähigkeit des Präsidenten, Gesetze durch den Kongress zu bringen, entscheidend für die Stabilität seiner Regierung und die wirtschaftliche Zukunft Argentiniens ist. Das Ergebnis der Reformen wird aufmerksam von internationalen Investoren und dem Internationalen Währungsfonds (IWF) beobachtet, der Argentinien mit Krediten unterstützt. Der IWF hat Mileis Agenda gelobt, aber zögert, ein neues Abkommen mit Argentinien zu unterzeichnen.
Der Widerstand gegen Mileis Reformen ist stark, insbesondere von der peronistischen Bewegung und den mächtigen Gewerkschaften. Die Gewerkschaften haben sich vehement gegen Maßnahmen ausgesprochen, die es Unternehmen erleichtern würden, Mitarbeiter zu entlassen, sowie gegen Pläne zur Privatisierung einiger staatlicher Unternehmen. Die Frage, welche Unternehmen versteigert werden sollen, hat heftige Debatten ausgelöst.
Miriam Rajovitcher, eine 54-jährige Lehrerin, die mit ihren Kollegen protestierte, sagte: "Wenn dieses Gesetz verabschiedet wird, verlieren wir viele unserer Arbeits- und Rentenrechte." Sie fügte hinzu, dass die Kürzungen im Bildungsbereich und die Abwertung der Währung die Inflation weiter angetrieben haben, was das Leben für die argentinische Mittelschicht unerträglich gemacht hat.
Argentinien befindet sich an einem entscheidenden Punkt. Die Reformen könnten das Land wirtschaftlich stabilisieren, aber der soziale Preis ist hoch. Die kommenden Wochen werden zeigen, ob Milei seine ehrgeizige Agenda weiter durchsetzen kann oder ob die politische und soziale Opposition zu groß ist. Der Ausgang der Abstimmungen im Unterhaus wird entscheidend dafür sein, ob Argentinien einen Weg aus der Krise findet oder in weiteren Turbulenzen versinkt.
Währenddessen bleibt die Stimmung im Land angespannt. Die Polizei bereitet sich auf weitere Proteste vor, und die Regierung muss einen Weg finden, die soziale Spaltung zu überwinden und die wirtschaftliche Stabilität wiederherzustellen.