In Kraft treten soll das Gesetz 2025. Mit der Kindergrundsicherung sollen bisherige Leistungen wie das Kindergeld oder der Kinderzuschlag für ärmere Familien gebündelt und das Antragsverfahren vereinfacht werden. Die Ampel-Regierung will so Kinderarmut effektiver bekämpfen.
Um das Gesetz hatte es ein monatelanges Ringen zwischen Bundesfamilienministerin Lisa Paus (Grüne) und Finanzminister Christian Lindner (FDP) gegeben. Paus hatte dabei deutlich höhere Mittel für die Kindergrundsicherung gefordert, sich aber nicht durchsetzen können.
Die Bertelsmann Stiftung wertet den Gesetzentwurf in ihrem Papier zwar als "ersten wichtigen Schritt" - fordert aber zugleich Nachbesserungen. Die bisherigen Regierungspläne enthielten noch "keine ausreichende Weichenstellung für eine wirksame Bekämpfung von Kinder- und Jugendarmut", heißt es.
Konkret fordern die Autorinnen und Autoren das Existenzminimum von Kindern und Jugendlichen - die zur Existenzsicherung erforderlichen finanziellen Mittel - neu zu bestimmen. Nötig sei eine Abkehr von der jetzigen Bestimmung der Regelbedarfe. Stattdessen müssten Kinder und Jugendliche selbst beteiligt und befragt werden - diese seien "Expert:innen ihres Lebens, über das sie selbst am besten Auskunft geben können".
Die Stiftung mahnt weiter an, bei einer Neubestimmung vor allem die Bedarfe für Bildung und Teilhabe in den Blick zu nehmen. Im Gesetzentwurf zur Kindergrundsicherung sind für "die Teilhabe am sozialen und kulturellen Leben" pauschal 15 Euro monatlich vorgesehen. Dieser Betrag habe keine empirische Basis, sei "realitätsfremd und nachweislich zu gering", schreiben die Autorinnen und Autoren des Bertelsmann-Papiers. Sie fordern deshalb eine Erhöhung.
Einen Fokus legt das Papier zudem auf die Armutsgefahr bei Kindern und Jugendlichen von alleinerziehenden Elternteilen. Um diese zu vermeiden, werden weitere Anpassungen am Gesetzentwurf gefordert. So müssten beispielsweise gestaffelte Anrechnungsraten von Unterhaltszahlungen auf die Kindergrundsicherung entfallen.
Mehrere Verbände schlossen sich am Freitag den Forderungen des Bertelsmann-Papiers an. Der Bundesgeschäftsführer des Deutschen Kinderhilfswerks, Holger Hofmann, sprach sich ebenfalls für "eine zügige Neubemessung des kindlichen Existenzminimums" aus. Dieses dürfe nicht mit willkürlichen Abschlägen künstlich kleingerechnet werden. Hofmann verlangte weiter wie die Autorinnen und Autoren des Papiers, ein besonderes Augenmerk auf Familien mit alleinerziehenden Eltern zu legen.
Eine Neuberechnung des Existenzminimums und höhere Leistungen will auch die Organisation Save the Children. In die Kindergrundsicherung müssten zudem geflüchtete Kinder sowie jene von Bürgergeld-Empfängerinnen und -Empfängern aufgenommen werden. Eric Großhaus von Save the Children betonte: "Eine echte Kindergrundsicherung schließt kein Kind aus." Die Gelegenheit für eine umfassende und wirksame Reform dürfe nicht vertan werden "und in einen schwachen Formelkompromiss münden, der Millionen Kinder im Stich lässt".
Zwei Millionen armutsbetroffene Kinder aus dem Bürgergeld dürften nicht ausgeklammert werden, forderte auch die Präsidentin des Kinderschutzbund Bundesverbandes, Sabine Andresen. "Kinder sind nicht nur Anhängsel ihrer Eltern, sondern brauchen eine passgenaue Förderung." Die Ampel-Koalition müsse "einen echten Systemwechsel" einläuten.
Dem Papier der Bertelsmann-Stiftung zufolge sind in Deutschland drei Millionen Kinder und Jugendliche unter 18 Jahren und weitere 1,5 Millionen junge Erwachsene von 18 bis 24 Jahren armutsgefährdet.