Während des jüngsten Nato-Gipfels in Washington hat Ungarns Außenminister Peter Szijjarto eine scharfe Kritik an den Nato-Partnern geäußert, insbesondere bezüglich der Handhabung des Konflikts in der Ukraine. Er warf den Alliierten Doppelmoral vor und kritisierte deren Versagen im Umgang mit dem russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine.
Szijjarto äußerte sich in einer Sitzung mit dem ukrainischen Präsidenten Wolodymyr Selenskyj, nachdem Ungarns Ministerpräsident Viktor Orban den Gipfel vorzeitig verlassen hatte, um sich mit dem früheren US-Präsidenten Donald Trump in Florida zu treffen. Dies löste bereits im Vorfeld Diskussionen über die Ausrichtung der ungarischen Außenpolitik aus, die als abweichend von der Nato-Linie wahrgenommen wird.
Szijjarto prangerte die scheinbare Inkonsistenz der Nato an, die einerseits den Dialog mit Russland ablehne, während sie andererseits Israel dränge, mit der Hamas zu verhandeln. Er betonte, dass es falsch sei, diplomatische Kanäle im Ukraine-Krieg geschlossen zu halten, während man gleichzeitig zur Diplomatie in anderen Konflikten ermuntere.
Besonders kontrovers war seine Äußerung zur nuklearen Zusammenarbeit: Während auf EU-Länder Druck ausgeübt werde, ihre Zusammenarbeit mit Russland zu beenden, nehme der Handel zwischen den USA und Russland, insbesondere im Bereich Uran, zu. Szijjarto äußerte den Verdacht von Geheimverhandlungen und forderte Transparenz in den internationalen Beziehungen ein.
Auf die Frage nach der möglichen Nato-Mitgliedschaft der Ukraine äußerte Szijjarto Bedenken, dass dies das Bündnis aus ungarischer Sicht schwächen könnte. Er unterstrich die Notwendigkeit einer genauen Prüfung der Konsequenzen einer solchen Mitgliedschaft für die Stabilität der Region.
Von anderen Sitzungsteilnehmern wurde Ungarns Position als isoliert beschrieben. Mehrere Alliierte widersprachen den Äußerungen von Szijjarto deutlich und machten klar, dass sie nicht mit seiner Kritik an der Nato-Strategie einverstanden seien.
Viktor Orbans Treffen mit Donald Trump während des Nato-Gipfels verstärkte die Diskussionen über die Ausrichtung der ungarischen Außenpolitik. Trump, der sich erneut um das Amt des US-Präsidenten bewirbt, wird wie Orban als Befürworter eines Dialogs mit Russlands Präsident Wladimir Putin wahrgenommen. Orban hatte Trump zuvor als "Präsidenten des Friedens" bezeichnet und betonte die Notwendigkeit von Gesprächen zur Konfliktlösung.
Die Reise Orbans zu Trump folgte auf frühere Besuche des ungarischen Ministerpräsidenten bei Putin in Russland und sorgte international für Aufsehen und Kritik, insbesondere weil Ungarn derzeit die rotierende EU-Ratspräsidentschaft innehat.
Bundeskanzler Olaf Scholz erteilte Forderungen nach Konsequenzen wie einem vorzeitigen Ende der ungarischen Ratspräsidentschaft eine Absage. Er betonte, dass solche Überlegungen nicht auf dem Tisch lägen und die Reisepläne von Ministerpräsidenten anderer Länder nicht seine Zuständigkeit seien.
Die Kritik Ungarns an der Nato und die kontroversen Treffen Orbans mit Trump und Putin haben die europäische politische Landschaft stark polarisiert. Während Ungarn auf seiner eigenständigen Außenpolitik beharrt, suchen andere Nato-Verbündete nach einer koordinierten und einheitlichen Vorgehensweise im Ukraine-Konflikt.