Zwei Monate nach Beginn der überraschenden ukrainischen Offensive in die westrussische Region Kursk hat der ukrainische Präsident Wolodymyr Selenskyj die Bedeutung dieser Operation betont. In seiner täglichen Videobotschaft hob er hervor, dass dieser Vorstoß eine wichtige Phase des Krieges darstelle. Es sei nicht nur ein symbolischer Erfolg, sondern ein militärischer Schlag, der den russischen Truppen zu denken gebe. "Unsere Truppen haben gezeigt, dass sie den Krieg bis nach Russland tragen können", sagte Selenskyj selbstbewusst.
In den letzten Wochen haben die ukrainischen Streitkräfte Gebiete in der Region Kursk erobert, die eine Fläche zwischen 1.000 und 1.300 Quadratkilometern umfassen. Obwohl russische Gegenangriffe bisher weitgehend erfolglos geblieben sind, hat die Offensive das ursprüngliche Ziel, die russischen Militärs zur Umgruppierung zu zwingen und deren Angriffe im Donbass zu schwächen, nicht vollständig erreicht. In der östlichen Region Donbass setzen die russischen Truppen ihre Offensive fort und erobern weiterhin Gebiete.
Trotz der fehlenden militärischen Durchbrüche zeigte sich Selenskyj optimistisch. Er erklärte, dass die Ukraine mit der richtigen Unterstützung der westlichen Partner weiterhin Druck auf Russland ausüben könne, um Präsident Wladimir Putin zu zeigen, dass der Krieg für Russland keine Vorteile bringen werde. "Nur mit entschlossenem Handeln und Gewalt können wir den Frieden näherbringen", betonte der ukrainische Präsident.
Parallel zu den militärischen Entwicklungen sorgt ein neuer Bericht über russische Kriegsverbrechen für Aufsehen. Die ukrainischen Streitkräfte haben einen russischen Soldaten gefasst, der an der Hinrichtung von ukrainischen Kriegsgefangenen beteiligt gewesen sein soll. Im September wurden drei ukrainische Soldaten, die sich während Kämpfen im Donbass ergaben, von russischen Soldaten erschossen. Die Tat wurde von einer Drohne gefilmt und die Täter konnten auf dem Video identifiziert werden. Der festgenommene Soldat gab in seiner Vernehmung weitere Details zu wiederholten Exekutionen durch russische Truppen preis.
Die ukrainische Generalstaatsanwaltschaft ermittelt aktuell in 93 Fällen von Erschießungen ukrainischer Kriegsgefangener. Derartige Verbrechen werfen ein düsteres Licht auf die Brutalität des Krieges und verstärken den internationalen Druck auf Russland.
Die Niederlande, einer der engsten Verbündeten der Ukraine, haben kürzlich die ersten F-16-Kampfjets geliefert. Der niederländische Verteidigungsminister Ruben Brekelmans besuchte die ostukrainische Stadt Charkiw, die regelmäßig Ziel russischer Angriffe ist. Während seines Aufenthalts betonte er, wie wichtig diese Unterstützung für die Verteidigung der Ukraine sei. Insgesamt sollen 24 F-16 an die ukrainischen Streitkräfte übergeben werden, um die ukrainische Luftverteidigung weiter zu stärken.
Brekelmans unterstrich, dass die Ukraine weiterhin militärische Unterstützung benötige, um Russland auf Distanz zu halten. Bei einem Treffen mit dem ukrainischen Verteidigungsminister Rustem Umerow vereinbarten die beiden Länder eine engere Zusammenarbeit im Rahmen der sogenannten "Flugzeug-Koalition".
Im Vorfeld des Treffens der Ukraine-Kontaktgruppe auf dem US-Luftwaffenstützpunkt in Ramstein rief Selenskyj die Verbündeten seines Landes zu verstärkten Waffenlieferungen auf. Der Fokus liegt dabei auf Langstreckenwaffen, die den russischen Nachschub behindern sollen, sowie Drohnen und Systeme für elektronische Kriegsführung. Selenskyj plant zudem, seinen "Siegesplan" zu präsentieren, der den Krieg beenden soll. Zwar sind keine konkreten Details dieses Plans öffentlich bekannt, doch wird vermutet, dass er die vollständige Rückeroberung der besetzten Gebiete und eine NATO-Mitgliedschaft der Ukraine beinhaltet.
Ein weiteres zentrales Thema ist die Unterstützung der ukrainischen Waffenproduktion. Selenskyj hat wiederholt betont, dass die Ukraine zu einem der weltweit größten Waffenproduzenten werden soll. Diese Ambition wurde auch bei Gesprächen in Washington erörtert, wo die ukrainische Führung den "Siegesplan" weiterentwickelte.
Während die Offensive in Kursk fortgesetzt wird, bleibt die südliche Hafenstadt Odessa weiterhin Ziel russischer Angriffe. Bei einem erneuten Raketenangriff wurde ein ziviles Schiff getroffen, wobei ein 60-jähriger Ukrainer getötet und fünf Ausländer verletzt wurden. Odessa, das als wichtiges Zentrum für den Getreideexport gilt, ist immer wieder Ziel russischer Angriffe auf die Hafeninfrastruktur. Der Beschuss ziviler Schiffe hat international für Empörung gesorgt.
Die Ukraine intensiviert ihrerseits die Angriffe auf russische Ölinfrastrukturen, insbesondere auf der besetzten Krim. Zuletzt wurde ein Öllager in Feodosija, dem größten Ölterminal der Krim, erfolgreich angegriffen. Diese Angriffe zielen darauf ab, die Einnahmen Russlands aus dem Ölverkauf zu verringern und die militärischen Nachschubwege zu stören.
Internationale Unterstützung bleibt für die Ukraine entscheidend. Die USA haben erneut klargestellt, dass Gespräche über eine Friedenslösung nur mit Einbeziehung der Ukraine möglich seien. Die Vizepräsidentin der USA, Kamala Harris, betonte, dass bilaterale Gespräche mit Putin ohne ukrainische Beteiligung ausgeschlossen seien. Dies steht im Gegensatz zu Aussagen von Donald Trump, der behauptet, den Krieg innerhalb von 24 Stunden beenden zu können, falls er wiedergewählt wird.
Die nächsten Monate könnten entscheidend für den weiteren Verlauf des Krieges sein. Während die ukrainische Offensive in Kursk und die internationalen Waffenlieferungen der Ukraine Vorteile verschaffen, bleibt die Lage im Donbass angespannt. Zudem mehren sich die Zeichen, dass Russland seine Luftangriffe auf die Ukraine weiter intensivieren wird.
Während die ukrainischen Streitkräfte weiter auf russischem Boden vorstoßen und international verstärkte Unterstützung erhalten, bleibt die Gesamtlage fragil. Selenskyj bleibt zuversichtlich, dass der Druck auf Russland den entscheidenden Wendepunkt bringen wird. Doch das russische Militär zeigt keine Anzeichen von Rückzug, und der Krieg könnte noch viele Monate oder gar Jahre andauern. In jedem Fall wird der Ausgang der ukrainischen Offensive in Kursk und die fortgesetzte internationale Unterstützung entscheidend für den weiteren Kriegsverlauf sein.
Quellen: dpa, Reuters, BBC News, The Guardian, Al Jazeera