Anders als im ersten Wahlgang am Mittwoch, in der eine absolute Mehrheit von 176 Stimmen notwendig war, reicht in der zweiten Wahlrunde eine einfache Mehrheit. Aber auch die ist nach derzeitigem Stand nicht in Sicht. Denn wenn alle Abgeordneten anwesend sind und sich niemand der Stimme enthält, liegt auch die einfache Mehrheit der insgesamt 350 Abgeordneten bei 176 Stimmen.
Die Volkspartei PP hatte bei der Wahl im Juli zwar Platz eins belegt und die meisten Abgeordnetensitze erobert, die absolute Mehrheit aber klar verfehlt. Feijóo gelang es seither nicht, genügend kleinere Parteien auf seine Seite zu ziehen. Sie lehnten ein Zusammengehen mit Feijóos geplantem Koalitionspartner, der rechtspopulistischen Vox, ab.
Dem seit 2018 regierenden Sozialisten Sánchez wurden von Anfang an bessere Chancen für eine Regierungsbildung eingeräumt. Allerdings benötigt er die Stimmen katalanischer Parteien, die dafür unter anderem eine Amnestie für Separatisten fordern, die an dem gescheiterten Abspaltungsversuch von 2017 teilnahmen. Auch von einem möglichen neuen Referendum über die Zukunft der wirtschaftsstarken Region im Nordosten Spaniens ist die Rede. Während Sánchez eine Amnestie nicht ausschließt, wäre ein Referendum für ihn politisch äußerst riskant.
Wenn bis zum 27. November keine Regierung steht, muss es eine Neuwahl geben, die am 14. Januar nächsten Jahres abgehalten würde. Dann würde nicht nur eine innenpolitische Blockade drohen. Damit würde auch die gesamte EU-Ratspräsidentschaft Spaniens bis zum 31. Dezember von der politischen Ungewissheit in der viertgrößten Volkswirtschaft der Eurozone überschattet.
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