Seit Wochen gelten die Beziehungen zwischen Selenskyj und Saluschnyj angesichts der gescheiterten Gegenoffensive gegen die russischen Angreifer als gespannt. Der 50-jährige Saluschnyj wurde wenige Monate vor dem russischen Einmarsch vom Februar 2022 Oberbefehlshaber der Armee. Unter seinem Kommando hielten die ukrainischen Truppen der Invasion stand und eroberten sogar besetzte Gebiete zurück. Der General gilt als beliebt bei seinen Soldaten und in der Bevölkerung. Deshalb wurden ihm auch politische Ambitionen nachgesagt, die er aber dementierte.
Die "Times" berichtete nun, Saluschnyj sei nach Angaben hochrangiger Offiziere am Montag zu einem persönlichen Treffen mit Selenskyj vorgeladen worden. Dort habe er den Präsidentenberatern mitgeteilt, dass ihre Einschätzungen der militärischen Lage eher positiv als realistisch seien. Danach sei er zum Rücktritt aufgefordert worden. Als er sich geweigert habe, habe Selenskyj gesagt, er werde ein Dekret zu seiner Entlassung unterzeichnen. Nachdem potenzielle Nachfolger das Angebot, das Amt des Oberbefehlshabers zu übernehmen, abgelehnt hätten, sei Selenskyj gezwungen gewesen, einen Rückzieher zu machen und zunächst an Saluschnyj festzuhalten, hieß es in dem Bericht weiter.
Bereits am Montag hatte das ukrainische Verteidigungsministerium Berichten über eine Entlassung von Oberbefehlshaber Saluschnyj widersprochen. "Sehr geehrte Journalisten, wir antworten allen zugleich: Das stimmt nicht", teilte das Ministerium auf Telegram mit.
Der wahrscheinlichste Nachfolger wäre Kyrylo Budanov, der Chef des ukrainischen Militärgeheimdienstes, der für verdeckte Operationen gegen Moskau verantwortlich ist. Budanov wurde Anfang des Jahres als Ersatz für Oleksii Reznikov als Verteidigungsminister angepriesen, in einer weiteren langwierigen Entlassungssaga, die mit ähnlichen Spekulationen begann.