Israel steht unter immensem Druck, nachdem sechs israelische Geiseln im Gazastreifen ermordet und ihre Leichen in einem unterirdischen Tunnel gefunden wurden. Premierminister Benjamin Netanjahu hat unmissverständlich angekündigt, dass die Hamas einen „sehr hohen Preis“ für die Ermordung der Geiseln zahlen werde. Diese drastische Antwort kommt in einem Kontext, in dem Netanjahu stark in der Kritik steht, insbesondere von den Familien der Opfer, die ihm vorwerfen, die Geiseln aufgrund seiner harten Verhandlungspositionen in Gefahr gebracht zu haben.
Bei einer Pressekonferenz am Abend bestätigte Netanjahu, dass die Geiseln etwa 48 bis 72 Stunden vor der Autopsie aus nächster Nähe erschossen worden seien. "Israel wird dieses Massaker nicht durchgehen lassen", erklärte Netanjahu. Er entschuldigte sich bei den Familien der Ermordeten für das Scheitern, die Geiseln lebend zurückzubringen. Diese Entschuldigung kommt jedoch nicht ohne Widerstand, da viele Angehörige der Geiseln die israelische Regierung für die Tragödie verantwortlich machen.
Der Premierminister bekräftigte die Notwendigkeit, den sogenannten Philadelphi-Korridor – einen 14 Kilometer langen Grenzstreifen zwischen dem Gazastreifen und Ägypten – unter israelischer Kontrolle zu behalten. Diese Position könnte jedoch die Bemühungen um eine Waffenruhe und die Freilassung der verbleibenden Geiseln erheblich erschweren. Ägypten und die Hamas, die sich in Verhandlungen befinden, fordern den Rückzug der israelischen Truppen aus diesem Gebiet. Die USA und Katar sind ebenfalls an den Vermittlungsgesprächen beteiligt, wobei direkte Verhandlungen zwischen Israel und der Hamas nicht stattfinden.
US-Präsident Joe Biden äußerte sich ebenfalls kritisch über Netanjahus Vorgehen. In Washington erklärte Biden, dass Netanjahu nicht ausreichend tue, um ein Abkommen zur Freilassung der verbleibenden Geiseln zu erreichen. Trotz dieser kritischen Einschätzung betonte Biden jedoch, dass man einem finalen Abkommen nahe sei.
Währenddessen bat Israels Präsident Izchak Herzog bei der Beisetzung von Hersh Goldberg-Polin, einem der ermordeten Geiseln, um Vergebung. Herzog bedauerte, dass es nicht gelungen sei, Goldberg-Polin lebendig zurückzubringen, und forderte dazu auf, sich nun auf die Rettung der verbleibenden Geiseln zu konzentrieren.
In Reaktion auf die Eskalation hat die Hamas neue Anordnungen an ihre Bewacher erlassen, um die Geiseln zu schützen. Ein Sprecher der Al-Kassam-Brigaden drohte, dass jede militärische Aktion Israels gegen die Geiseln dazu führen könnte, dass diese in Särgen zurückkehren.
Die Hamas hat zudem ein Propaganda-Video veröffentlicht, in dem die Entführte Eden Jeruschalmi vor ihrem Tod zu sehen ist. In dem Video sendet sie eine Botschaft an ihre Familie. Die Veröffentlichung des Videos wird von Israel als psychologische Kriegsführung gewertet.
In Israel kam es zu massiven Protesten, bei denen Tausende Menschen ein Abkommen zur Freilassung der Geiseln forderten. In mehreren Städten fanden Demonstrationen statt, und auch in der Nähe von Netanjahus Wohnhaus kam es zu erheblichen Protesten. Parallel dazu gab es Streiks von Organisationen und Behörden, die den schleppenden Verlauf der Verhandlungen kritisierten. Ein Arbeitsgericht ordnete jedoch ein vorzeitiges Ende des Streiks an, da dieser als politisch motiviert angesehen wurde.
Die Situation bleibt angespannt, und die Suche nach einer Lösung zur Rettung der verbleibenden Geiseln geht weiter, während die internationale Gemeinschaft und die israelische Öffentlichkeit die Entwicklungen aufmerksam verfolgen.
Quellen: BBC, CNN, Al Jazeera, Times of Israel