Zuvor hatte ein wichtiges Treffen der Vermittler Ägypten, Katar und USA unter Beteiligung einer israelischen Delegation in Paris dazu beigetragen, die zuvor festgefahrenen Verhandlungen über eine Feuerpause und die Freilassung von Geiseln in der Gewalt der Hamas wieder in Gang zu bringen. Israelische Vertreter machten allerdings am Samstag deutlich, dass bis zu einer Einigung noch eine gute Wegstrecke zurückzulegen sei.
Tausende Menschen demonstrierten in mehreren israelischen Städten für die Freilassung der Geiseln und gegen die Regierung von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu. Dabei kam es örtlichen Medienberichten zufolge zu Chaos und gewaltsamen Zusammenstößen von Regierungsgegnern mit der Polizei. In Tel Aviv versuchte eine Gruppe von Protestierenden, eine Schnellstraße zu blockieren.
Die Polizei setzte in der Stadt Wasserwerfer und berittene Beamte ein, um die Demonstranten zu vertreiben. 21 Personen seien festgenommen worden, hieß es. Es habe Verletzte gegeben. Oppositionsführer Jair Lapid verurteilte das Vorgehen der Polizei. "Das gewaltsame Vorgehen der Polizei heute Abend gegen Demonstranten, darunter die Familien der Geiseln, ist gefährlich, antidemokratisch und darf nicht weitergehen", zitierten Medien aus einer Erklärung Lapids.
Unterdessen haben die Streitkräfte der USA und Großbritanniens in der Nacht erneut Stellungen der Huthi-Miliz im Jemen angegriffen. Mit Unterstützung anderer Länder seien 18 Ziele der vom Iran unterstützten Miliz an acht Orten im Jemen attackiert worden, teilte das US-Verteidigungsministerium in Washington mit.
Die USA und Großbritannien reagierten damit auf die andauernden Angriffe der Huthi auf die Schifffahrt im Roten Meer. Zu den Zielen hätten unterirdische Waffenlager der Huthi, Raketenlager, Drohnen, Luftverteidigungssysteme und Radaranlagen gehört. Die Huthi agieren nach eigenen Angaben aus Solidarität mit der Hamas in Gaza und wollen mit dem Beschuss von Handelsschiffen ein Ende der israelischen Angriffe im Gazastreifen erzwingen.
Israels Regierungschef Netanjahu will trotz der laufenden Verhandlungen über eine Waffenruhe die Pläne für eine Militäroffensive in Rafah im Süden Gazas zügig auf den Weg bringen. Er werde zu Wochenbeginn das Kabinett einberufen, um den Einsatzplan genehmigen zu lassen, teilte er auf X mit. Der Plan werde auch die Evakuierung der Zivilisten einschließen. Die Arbeitswoche beginnt in Israel heute.
International wird die geplante Offensive heftig kritisiert. Selbst Verbündete wie die USA rufen Israel zur Zurückhaltung auf, weil in Rafah 1,5 Millionen Palästinenser auf engstem Raum und unter elenden Umständen Schutz vor den Kämpfen in den anderen Teilen des abgeriegelten Küstengebiets suchen. "Nur eine Kombination aus militärischem Druck und hart geführten Verhandlungen wird zur Freilassung unserer Geiseln, zur Eliminierung der Hamas und zur Verwirklichung aller Kriegsziele führen", schrieb indes Netanjahu.
Eine israelische Delegation hatte zuvor in Paris Vertreter der in dem Krieg zwischen Israel und der Hamas vermittelnden Staaten Ägypten, Katar und den USA getroffen. Dabei soll es Berichten zufolge "bedeutende Fortschritte" gegeben haben. Die Gespräche seien "sehr gut" gelaufen, meldete die israelische Zeitung "Haaretz" unter Berufung auf nicht näher genannte Personen, die mit den Einzelheiten des Treffens vertraut sein sollen.
Noch vor Beginn des muslimischen Fastenmonats Ramadan könne eine Einigung erzielt werden, wurde ein ausländischer Diplomat zitiert. Der Ramadan beginnt in diesem Jahr um den 10. März. Die größte Herausforderung für die Vermittler bestehe darin, eine Vereinbarung zu erzielen, die einerseits die Hamas davon überzeuge, dass nach einer humanitären Feuerpause ein dauerhafter Waffenstillstand möglich sei. Und die gleichzeitig Israel ermögliche, eine solche Verpflichtung zu vermeiden, schrieb das "Wall Street Journal".
Eine israelische Delegation mit begrenztem Mandat solle nun in Katar Fragen technischer Art, zum Beispiel zur Menge der Hilfsgüter für den Gazastreifen, besprechen, berichtete der Journalist Ravid auf X und berief sich auf israelische Quellen. Die in Paris erzielten Fortschritte erlaubten jetzt Verhandlungen über Einzelheiten des Deals, schrieb die "Jerusalem Post" unter Berufung auf mit den Gesprächen vertraute Personen.
Gemeint ist etwa die Anzahl der palästinensischen Häftlinge, die im Gegenzug für die aus Israel entführten Geiseln freigelassen werden könnten. Zunächst müssten die Vermittler aber die Hamas dazu bringen, dem neuen Gerüst für einen Deal zuzustimmen, hieß es. Die israelische Nachrichtenseite "Ynet" berichtete unter Berufung auf den Medienberater von Hamas-Chef Ismail Hanija, dass die Hamas weiterhin das Ende des Krieges und den Abzug der israelischen Armee fordere. Man habe noch nicht das Stadium erreicht, über einen Gefangenenaustausch zu sprechen.
Während einer von Katar vermittelten einwöchigen Feuerpause im vergangenen November waren im Rahmen eines Abkommens zwischen Israel und der Hamas 105 Geiseln im Gegenzug für 240 palästinensische Häftlinge freigelassen worden. Derzeit befinden sich noch rund 130 Geiseln in der Gewalt der Hamas im Gazastreifen. Die Hamas hatte am 7. Oktober vergangenen Jahres zusammen mit anderen extremistischen Gruppen den Süden Israels überfallen, 1200 Menschen getötet und weitere 250 in den Gazastreifen verschleppt. Dies war der Auslöser des Krieges gewesen. Nach israelischen Schätzungen dürften nach fast fünf Monaten Krieg nur noch rund 100 der Geiseln in der Gewalt der Hamas am Leben sein.