Um bestmöglich im Winter geschützt zu sein und das Gesundheitssystem nicht zu überfordern, sollten die Menschen die verfügbaren Impfungen auch in Anspruch nehmen. Das gelte vor allem für Menschen, denen die Ständige Impfkommission eine Impfung empfehle. Bei Corona und Influenza seien das Personen ab 60 Jahren oder mit Grunderkrankungen sowie auch das medizinische und pflegerische Personal. Corona-Auffrischungsimpfungen sollten laut Empfehlung zwölf Monate nach der letzten Impfung oder Erkrankung verabreicht werden.
Wurden in der 43. Kalenderwoche Ende Oktober noch 3016 Corona-Fälle für Nordrhein-Westfalen gemeldet, waren es nach Angaben des Landeszentrums Gesundheit in der 50. Woche 5265 Fälle. (Stand 18.12.). Die Dunkelziffer dürfte dabei aber viel höher liegen. Die Sieben-Tage-Inzidenz stieg auf 29,03 und liegt damit über dem maximalen Inzidenzwert von 13,8 seit Auslaufen der Corona-Schutzmaßnahmen im April dieses Jahres.
Fast 80 Prozent der Bevölkerung in NRW ist laut Gesundheitsministerium durch Corona-Schutzimpfungen grundimmunisiert, zwei Drittel haben eine Auffrischungsimpfung und 19 Prozent eine weitere Auffrischungsimpfung erhalten. Die Impfquote sei im Jahresverlauf weitestgehend konstant geblieben, hieß es. Daten des Robert Koch-Instituts (RKI) zeigten, dass die Impfquoten in NRW kontinuierlich über dem bundesweiten Durchschnitt lägen. Die Zahl der verabreichten Impfungen nehme seit Oktober wieder stärker zu. Alleine im Oktober und November hätten sich 720.680 Menschen in NRW gegen Corona impfen lassen.
Der Hausärzteverband Westfalen-Lippe beobachtet derzeit allerdings bei Corona-Impfungen "eine gewisse Zurückhaltung", während die Nachfrage nach Grippeimpfungen der der Vorjahre entspreche. Gerade für Risikogruppen helfe eine "sachliche Aufklärung über die Notwendigkeit und den zusätzlichen Schutz gegen aktuelle Varianten", sagte der Vorsitzende Lars Rettstadt. Bei der Corona-Auffrischungsimpfung gelte der Grundsatz: "Je eher desto besser, da es zehn bis 14 Tage dauert, bis die Impfung schützt".
Ähnliches beobachtet der Hausärzteverband Nordrhein. Zu Beginn der Saison habe es einen Schub bei der zweiten Corona-Boosterimpfung gegeben. Der sei allerdings bei der Altersgruppe der über 60-Jährigen auch im Vergleich zur Grippeimpfung nicht so groß wie erhofft gewesen. "Wir stellen aber auch fest, dass Jüngere vermehrt in den Praxen nach einer Influenza-Impfung nachfragen", sagte der Verbandsvorsitzende Oliver Funken. "Die Pandemie hat die jüngere Generation für das Impfen sensibilisiert. Wir spüren hier einen verstärkten Beratungswunsch und kommen diesem auch nach. Das ist wichtig, um keine Impfmüdigkeit aufkommen zu lassen."
Zwar steige mit der aktuellen Infektionswelle auch die Zahl der Corona-Infektionen an, sagte Funken. Sie bleibe aber bei den Meldezahlen deutlich hinter dem vergangenen Jahr zurück. Das liege daran, dass nicht alle Infektionen gemeldet würden, denn es werde nicht flächendeckend getestet. "Wir gehen davon aus, dass zum Jahreswechsel die Zahl der Erkrankten weiter steigt", sagte Funken. "Die Influenzawelle wird wie jedes Jahr im Januar/Februar kommen."
Die Zahl der Anträge auf Anerkennung eines Corona-Impfschadens hat sich im Jahresverlauf mehr als verdoppelt. Bei den NRW-Behörden sind bisher nach Angaben des Gesundheitsministeriums 1.861 Anträge eingegangen. Ende Dezember 2022 waren es noch rund 830 Anträge. Bislang seien 92 Anträge bewilligt und 427 abgelehnt worden. Bearbeitet würden bei den zuständigen Landschaftsverbänden Rheinland und Westfalen-Lippe aktuell noch 1289 Anträge. In 53 Fällen wurden die Anträge von den Betroffenen zurückgenommen. Die Anerkennungsquote beträgt knapp fünf Prozent. Bislang seien in 57 Fällen Klagen vor den Sozialgerichten anhängig.
Zu den am häufigsten genannten Impfschäden zählen laut Ministerium Sinusvenenthrombosen, das Fatigue- und Guillain-Barré-Syndrom sowie Herzmuskelentzündungen. Dass bisher erst sehr wenige Anträge erledigt oder positiv entschieden wurden, liegt dem Ministerium zufolge daran, dass es nur einen sehr begrenzten Kreis von Gutachterinnen und Gutachtern gebe. Deren Expertise sei für eine Entscheidung in den meisten Fällen allerdings unverzichtbar. Zudem verfüge die Wissenschaft derzeit nur über einen unvollständigen Wissensstand zu gesicherten Zusammenhängen zwischen den Corona-Schutzimpfungen und einzelnen Erkrankungsbildern.