Politkowskaja war Journalistin der kremlkritischen Zeitung "Nowaja Gaseta". Im Oktober 2006 war sie vor ihrer Wohnung in Moskau erschossen worden. Für das Attentat, das für weltweites Entsetzen sorgte, wurden mehrere Männer aus der russischen Teilrepublik Tschetschenien im Nordkaukasus verurteilt. Der Täter wurde zu 20 Jahren Haft verurteilt und hätte die Strafe nach Angaben seines Anwalts noch bis zum Jahr 2030 absitzen müssen. Aufgrund seiner Erfahrung in einer russischen Spezialeinheit sei ihm jedoch ein Vertrag mit der Gegenleistung - Kriegsdienst in der Ukraine - angeboten worden, begnadigt zu werden. Seinem Anwalt zufolge ist Chadschikurbanow auch heute an der Front. Er habe in diesem Jahr einen neuen Vertrag als Freiwilliger unterzeichnet.
Zu dem Fall äußerte sich auch Dmitri Muratow, der Chefredakteur der renommierten Zeitung "Nowaja Gaseta", für die Politkowskaja damals schrieb und die im Zuge des Angriffskrieg auf die Ukraine in Russland mittlerweile verboten wurde. "Die Rechte der Opfer werden vom Staat systematisch missachtet", sagte der 62-Jährige, der 2021 mit dem Friedensnobelpreis ausgezeichnet worden war, dem Internetmedium "Ostoroschno Media". Der Straftäter hätte ursprünglich erst 2034 aus der Haft entlassen werden sollen.
Der nun freigelassene Mann soll die für ihre kritische Tschetschenien-Berichterstattung geschätzte Journalistin vor ihrer Tötung beschattet haben lassen. Politkowskajas Familie vermutet hinter dem Mord ein politisches Motiv und fordert bis heute eine vollständige Aufklärung. Nach Bekanntwerden der Freilassung des Mittäters sprachen Politkowskajas Kinder von "Ungerechtigkeit und Willkür. Für uns ist diese "Begnadigung" kein Beweis für die Sühne und Reue des Mörders", schrieben sie in einer Stellungnahme.