Noch bevor Vertreter der Bundesregierung, der Opposition und der Bundesländer ihre Gespräche zur Eindämmung der irregulären Migration fortsetzten, herrschte besonders bei den Grünen schlechte Stimmung. Grund dafür sind die Forderungen des CDU-Vorsitzenden Friedrich Merz, die innerhalb der Partei auf deutliche Ablehnung stoßen.
Migration ist eines der dominierenden Themen in Deutschland, das politische Debatten bestimmt und sogar Wahlen in Bundesländern wie Thüringen und Sachsen beeinflusst hat. Die Frage, wie irreguläre Zuwanderung effektiv eingedämmt werden kann, wird seit dem Anschlag in Solingen, bei dem mehrere Menschen ums Leben kamen, intensiv diskutiert. Bereits in der vergangenen Woche hatten sich Vertreter von Regierung, Ländern und Opposition getroffen, um über mögliche Maßnahmen zu beraten. Die Gespräche sollen nun fortgesetzt werden, doch schon im Vorfeld war die Stimmung angespannt – vor allem bei den Grünen.
Die Grünen setzen sich traditionell für eine liberalere Migrationspolitik ein und haben seit ihrer Regierungsbeteiligung bereits mehrere Kompromisse gemacht. Doch die Forderungen von CDU-Chef Merz sorgen innerhalb der Partei für Unmut. Merz spricht sich für strengere Grenzkontrollen und die direkte Zurückweisung von Menschen aus sicheren Drittstaaten aus – Forderungen, die bei den Grünen auf Ablehnung stoßen. Laut "Spiegel" hieß es in Regierungskreisen der Grünen, dass diese Maßnahmen "europarechtskonform eindeutig nicht machbar" seien.
Vor allem die von Merz geforderten umfassenden Zurückweisungen sind ein Reizthema für die Partei. Die Grünen sehen darin eine Gefährdung des europäischen Zusammenhalts und kritisieren die wirtschaftlichen Folgen von verschärften Grenzkontrollen. "Der Binnenmarkt und Schengen sind zentrale Errungenschaften und wichtige Faktoren für unsere Wirtschaft, die keinesfalls ausgebremst werden dürfen", zitiert der "Spiegel" einige Parteimitglieder. Insbesondere an der Parteibasis, aber auch in der Führung, stößt der Vorschlag auf Widerstand. Grünen-Chefin Ricarda Lang warnte, dass solche Maßnahmen Europa spalten würden.
Neben der Kritik an den Vorschlägen von Merz sorgt auch das geplante Sicherheitspaket der Ampel-Koalition, das als Reaktion auf den Anschlag in Solingen vorgestellt wurde, für Spannungen innerhalb der Grünen. Das Paket sieht unter anderem erweiterte Befugnisse für Sicherheitsbehörden und eine Verschärfung des Waffenrechts vor. Grünen-Politiker wie Karoline Otte kritisieren, dass solche Maßnahmen die Situation für geflüchtete Menschen weiter verschärfen und neue Probleme schaffen. Es sei an der Zeit, dass die Grünen "vom Tisch aufstehen", da jede weitere Verschärfung in der Asylpolitik einem Zugeständnis an den Druck von Rechts gleichkäme.
Während sich die Grünen über die Forderungen der CDU empören, eskaliert der politische Streit auch im Bundestag. Die gescheiterten Gespräche zwischen Bundesregierung und Union wurden zum beherrschenden Thema der Generaldebatte. Bundeskanzler Olaf Scholz (SPD) und Friedrich Merz beschuldigten sich gegenseitig für das Scheitern verantwortlich zu sein. Scholz warf Merz "Theateraufführungen" vor und betonte, dass die CDU nicht ernsthaft an einer Lösung interessiert sei. Merz hingegen verteidigte die Position der Union und forderte umfassende Zurückweisungen an den Grenzen, die seiner Meinung nach rechtlich zulässig und politisch notwendig seien.
Trotz der Differenzen ist die Bundesregierung entschlossen, die geplanten Maßnahmen zur Eindämmung der irregulären Migration auch ohne die Unterstützung der Union umzusetzen. Die Gespräche zwischen Regierung, Opposition und Ländern finden unter denkbar schwierigen Bedingungen statt. Neben dem Streit mit der Union droht auch innerhalb der Ampel-Koalition weiterer Konflikt. Die Grünen sind weiterhin skeptisch gegenüber neuen Sicherheitsgesetzen und pochen darauf, dass Migrationspolitik nicht auf Kosten von Menschenrechten und europäischen Werten gehen darf.
Die kommenden Wochen werden zeigen, ob es der Bundesregierung gelingt, in der Migrationsfrage eine Lösung zu finden, die sowohl die eigenen Reihen als auch die Opposition zufriedenstellt. Fest steht: Der politische Druck auf alle Beteiligten wächst.