Sieht man das kurze Video an, das die 64-Jährige am Mittwoch in den sozialen Medien veröffentlichte, wird aber sehr deutlich, dass sie selbst längst eine Entscheidung getroffen hat. "Mit diesem Votum wollen wir sagen: Stoppt die Exzesse der immer noch größeren, teuren Autos!" Die hohe Luftverschmutzung, die jeden Tag Menschenleben koste, müsse radikal gesenkt werden. Auch sei das Risiko für einen Fußgänger, bei einem Unfall getötet zu werden, doppelt so hoch, wenn er von einem Stadtgeländewagen erfasst werde, als von einem kleineren Fahrzeug.
Die sogenannten "Sports Utiliy Vehicles", bei denen Fahrer leicht erhöht sitzen und höhere Bodenfreiheit haben, sind Bestseller. In den vergangenen Jahren wuchs auch in Frankreich deren Marktanteil stark. Dabei stoßen sie im Schnitt rund 20 Prozent mehr CO2 aus als klassische Pkw. Einer Studie der Internationalen Energieagentur zufolge waren die steigenden SUV-Zahlen der zweitgrößte Verursacher des weltweiten Anstiegs der CO2-Emissionen seit 2010, direkt hinter dem Energiesektor. Damit verantwortet der SUV-Verkehr einen größeren Teil des Emissionsanstiegs als die Luftfahrt oder die Industrie.
Mit einer "sehr signifikanten Erhöhung der Parkgebühr" will die Rathaus-Chefin nun dem Trend in ihrer Stadt entgegenwirken. Ausgenommen werden sollen Taxis, Krankenwagen, Fahrzeuge für den Transport von Menschen mit Behinderung – und Anwohner. Genau sie dürfen aber an der Befragung am 4. Februar 2024 teilnehmen. Es erscheint vorhersehbar, dass sich eine große Zahl für den Vorschlag aussprechen wird, der sie selbst nicht betrifft.
Als Vorbild für das Vorgehen gilt das Verbot von Leih-Elektrorollern. Seit September sind sie von den Straßen in Paris verschwunden. Entschieden wurde dies in diesem Frühjahr bei der ersten Bürgerbefragung, die das Rathaus durchführen ließ. Allerdings beteiligten sich daran nur etwas mehr als 100.000 Menschen, also 7,46 Prozent der Wahlberechtigten. Eine Mehrheit von 89 Prozent sprach sich gegen die E-Scooter aus und folgte damit Hidalgos Wunsch.
Auch damals hatte die Bürgermeisterin im Vorfeld klar ihre Präferenz abgegeben. Nachdem sie zunächst eine Fürsprecherin dieser Alternative für das Auto war, kam es zunehmend zu Ärgernissen und Unfällen, oft durch unverantwortliches Verhalten der Nutzerinnen und Nutzer. Die Geräte seien zu platzraubend und gefährlich geworden, sagte die Rathauschefin nun in ihrem Video, in dem sie sich direkt an die Teilnehmer der Befragung wandte: "Dank Ihnen haben wir wieder an Ruhe und Sicherheit gewonnen." Betroffen sind aber nicht die persönlichen Elektroroller, sondern es mussten lediglich die drei in Paris operierenden Anbieter ihre insgesamt 15.000 Geräte abziehen. Diese verteilten sie auf andere Städte in Frankreich und Europa.
Den Kampf gegen die Luftverschmutzung und das hohe Autoaufkommen hat die Sozialistin seit ihrem Amtsantritt im Jahr 2015 zu ihrer Priorität gemacht. Sie ließ in vielen Straßen die erlaubte Höchstgeschwindigkeit senken und manche ganz für den Verkehr sperren und zugleich die Radwege und -parkplätze sowie Fußgängerbereiche massiv ausbauen. Nach und nach werden alte und stark verschmutzende Fahrzeuge im Stadtinneren nicht mehr zugelassen.
Der Einsatz gegen die wachsende Zahl an SUVs erscheint also folgerichtig – der Zeitpunkt des Vorstoßes ist allerdings verdächtig. Ganz offensichtlich versucht die Politikerin, die 2022 glücklos für die Präsidentschaftswahl kandidierte, von einem Skandal abzulenken, der sie massiv unter Druck bringt. Ab Mitte Oktober hielt sie sich mehrere Wochen lang in Französisch-Polynesien auf, wo sie offiziellen Angaben zufolge die dortigen Einrichtungen für die Olympischen Spiele 2024 besichtigte. Dass sie dies mit einem Besuch bei ihrer Tochter verband, die auf einer Insel in der Region lebt, war bekannt. Medien enthüllten jedoch, dass sie anders als der Rest ihrer Delegation gar nicht am wichtigsten Termin bei den Olympischen Surfanlagen in Tahiti teilnahm – dabei war dieser der Hauptgrund für die Reise, die den Steuerzahler rund 60.000 Euro gekostet hat.
Seitdem muss sich Hidalgo von der Opposition fragen lassen, ob die wenig umweltfreundliche Visite angesichts eines Schuldenbergs der Stadt von 7,7 Milliarden Euro nötig war. Musste die Bürgermeisterin des Hauptaustragungsortes Paris wirklich die Surfanlagen in Tahiti kennen, die sie letztlich ja gar nicht besuchte? Hidalgo gab ein paar wenig aussagekräftige Antworten und wandte sich wieder anderen Kämpfen zu, die aussichtsreicher scheinen. Ob sie ihre exotische Reise damit vergessen machen kann, erscheint fraglich.