Bisherige Schätzungen waren dagegen von einem Plus von bis zu 0,4 Punkten ausgegangen. Jedes Zehntel beim Beitragssatz mehr bedeutet bei einem Einkommen von beispielsweise 3500 Euro für Angestellte eine monatliche Mehrbelastung von 1,75 Euro.
Die Prognosen leiten sich unter anderem von der Finanzentwicklung im ersten Halbjahr dieses Jahres ab. Sie weist wegen der kräftigen Tarifsteigerungen bei den Einkommen einen Zuwachs von fast 6 Prozent aus. Das werde sich zwar verlangsamen, aber auch 2024 griffen weitere Lohnverbesserungen, hieß es. Auf der Ausgabenseite stiegen die Kosten für die ambulante Behandlung und für Medikamente moderat, und zwar um 1,0 beziehungsweise 2,4 Prozent. Dabei machte sich im ambulanten Bereich insbesondere die von Gesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) vorgenommene Streichung der "Neupatientenregelung" bemerkbar, die bislang Zuschläge in Milliardenhöhe für die Ärztinnen und Ärzte vorsah. Auch für 2024 werden hier daher keine größeren Ausschläge erwartet.
Kopfzerbrechen bereitet den Experten allerdings die Kostenentwicklung in den Krankenhäusern. Der größte Ausgabenblock im Gesundheitswesen stieg im ersten Halbjahr2023 immerhin um 7 Prozent. Offenbar haben die Versicherten ihre während der Corona-Pandemie entwickelte Zurückhaltung gegenüber einer Krankenhausbehandlung aufgegeben. Allerdings wird davon ausgegangen, dass sich hier die Steigerungsrate auch wieder etwas abflachen wird.
Der Schätzerkreis wird seine Prognose über die Ein- und Ausgaben der gesetzlichen Krankenversicherung am Donnerstag veröffentlichen. Danach bestimmt das Gesundheitsministerium eine Art Orientierungswert für den Zusatzbeitrag. Jede Kasse legt ihn dann aber individuell fest. Derzeit beträgt er im Schnitt aller Kassen 1,5 Prozent, wodurch sich zusammen mit dem allgemeinen Satz (14,6 Prozent) ein Gesamtbetrag von 16,1 Prozent des Bruttolohnes ergibt.
Unterdessen übte der Bundesrechnungshof scharfe Kritik an den Vergütungsregeln für niedergelassene Ärzte und forderte Lauterbach zu Kürzungen auf. In einem Bericht an den Haushaltsausschuss des Bundestags heißt es, nicht nur die Neupatientenregelung, sondern alle zusätzlichen Vergütungen, die zur Senkung der Wartezeiten unter Lauterbach-Vorgänger Jens Spahn (CDU) eingeführt wurden, müssten gestrichen werden.
"Sie führen zu hohen Mehrausgaben in der gesetzlichen Krankenversicherung, ohne dass sie bislang die Versorgung der Versicherten nachweislich verbessern", heißt es in dem Bericht. Allein bis Ende 2021 hätten die Kassen über eine Milliarde Euro mehr an die Ärzte gezahlt. Der Rechnungshof habe "keinerlei Nachweise" dafür gefunden, dass zum Beispiel die zusätzliche Vergütung von "offenen" Sprechstunden ohne Terminvereinbarung zu geringeren Wartezeiten geführt habe. "Der Bundesrechnungshof hält es für verfehlt und unwirtschaftlich, die Erfüllung ohnehin bestehender gesetzlicher und vertraglicher Verpflichtungen mit GKV-Mitteln in Milliardenhöhe zu vergüten", so der BRH weiter.
Der Rechnungshof forderte Lauterbach zudem auf, die Pläne für die generelle Aufhebung der Budgets für Hausärzte fallen zu lassen. Es bestünden Zweifel, ob sich durch die jährlichen Mehrausgaben in dreistelliger Millionenhöhe die Versorgungsqualität signifikant erhöhe. Allenfalls sollte die Budgetaufhebung auf unterversorgte Regionen beschränkt werden, mahnten die Rechnungsprüfer.