"Es gibt Optimismus, aber eine Einigung steht nicht bevor", sagte demnach ein namentlich nicht genannter Regierungsbeamter. Bundesaußenministerin Annalena Baerbock rief unterdessen Israel und die Hamas eindringlich zu einer raschen Feuerpause auf. "Wir brauchen die humanitäre Pause jetzt zur Freilassung der Geiseln und damit die humanitäre Hilfe nach Gaza kann", sagte die Grünen-Politikerin am Rande der UN-Vollversammlung in New York.
In Paris hat eine neue Runde indirekter Verhandlungen über eine Feuerpause im Gaza-Krieg begonnen, die Medienberichten zufolge an diesem Wochenende weitergehen sollen. Eine israelische Delegation unter Leitung von David Barnea, dem Chef des Auslandsgeheimdienstes Mossad, traf die Vertreter Ägyptens, Katars und der USA, die die Gespräche mit der Hamas vermitteln. Direkt verhandeln Israel und die Hamas nicht. Dem Vernehmen nach soll die Hamas einige ihrer Forderungen heruntergeschraubt haben. So verlange sie nur noch die Freilassung von mehreren Dutzend palästinensischen Häftlingen im Austausch für jede israelische Geisel, statt von Hunderten wie zuvor, berichtete Channel 12.
Israels Delegation in Paris soll wiederum laut dem Sender von ihrer Regierung die Vollmacht für eine gewisse Flexibilität bei den eigenen Positionen erhalten haben. Israel lehne jedoch die Hamas-Forderung nach einem dauerhaften Waffenstillstand und der Beendigung des Krieges weiter strikt ab, hieß es. "Die Bemühungen drehen sich darum, einen Grundrahmen mit klaren Kriterien dafür zu schaffen, worüber wir diskutieren und worüber nicht", zitierte der Sender den Regierungsbeamten.
"Eine Einigung steht nicht bevor. Das Ziel ist es, eine solche vor dem Beginn des Monats Ramadan zu erzielen." Der muslimische Fastenmonat beginnt um den 10. März. Benny Gantz, Minister in Israels Kriegskabinett, warnte die Hamas erneut vor einer möglichen Ausweitung des Einsatzes auf die Stadt Rafah im Süden Gazas.
Israel bereitet derzeit eine umstrittene Militäroffensive auf die an Ägypten angrenzende Stadt vor, um nach eigenen Angaben die verbliebenen Hamas-Bataillone zu zerschlagen und dort vermutete Geiseln zu befreien. Die Regierung hat aber noch keinen Einsatzbefehl erteilt.
In dem Ort haben Hunderttausende palästinensische Binnenflüchtlinge Schutz gesucht. In früheren Äußerungen hatte Gantz angekündigt, dass die Offensive in Rafah selbst im Ramadan beginnen könne, wenn bis dahin keine Vereinbarung zur Freilassung von mehr als 130 Geiseln in der Gewalt der Hamas erzielt ist. "Wir werden jeden Ort erreichen, wo Hamas-Terroristen sind", sagte der israelische Minister in einer Video-Botschaft.
Bundesaußenministerin Baerbock sagte in New York, die humanitäre Situation in Gaza sei "so katastrophal, dass derzeit Hilfe fast gar nicht mehr verteilt wird". Während einer humanitären Feuerpause müssten "Hilfsorganisationen endlich ihre Arbeit in Gaza wieder aufnehmen können".
Laut Angaben des von der Hamas kontrollierten Gesundheitsministeriums stieg die Zahl der Toten im Gazastreifen seit Beginn des Krieges vor fast fünf Monaten auf bereits 29.514 Tote und 69.616 Verletzte. Die Zahlen, bei denen nicht zwischen Kämpfern und Zivilisten unterschieden wird, können unabhängig nicht überprüft werden.
Auslöser des Krieges war ein Massaker, das Terroristen der Hamas sowie anderer extremistischer Gruppen am 7. Oktober vergangenen Jahres in Israel verübt hatten. Sie ermordeten dabei mehr als 1200 Menschen und verschleppten 250 weitere in den Gazastreifen. Israel reagierte mit massiven Luftangriffen und einer Bodenoffensive.
Israels Armee habe nach eigener Einschätzung der Hamas seit Beginn des Krieges vor fast fünf Monaten zwar einen schweren Schlag versetzt, indem sie Kommandeure getötet, Tunnel zerstört und Waffen beschlagnahmt habe, meldete die "New York Times". Doch das Ziel von Ministerpräsident Benjamin Netanjahu, die Hamas zu vernichten, bleibe nach Ansicht amtierender und ehemaliger israelischer Sicherheitsbeamter in weiter Ferne.
"Ist es möglich, dass diese Mission meinen Kindern hinterlassen wird? Die Antwort ist Ja", zitierte die Zeitung einen Beamten des israelischen Militärgeheimdienstes. Während der jüngsten Kämpfe habe die Hamas nach Ansicht israelischer Analysten direkte Konfrontationen mit israelischen Einheiten vermieden, was Israel als Zeichen der Schwäche gewertet habe, schrieb die Zeitung.
Andere Experten seien indes der Meinung, dass die Hamas einen Grund für diese Strategie habe: Die Hamas sei demnach überzeugt, dass es einen Sieg bedeuten würde, wenn ein nennenswerter Teil ihrer militärischen Stärke den Krieg überleben würde.
Unterdessen verschärft sich auch die Lage an der Nordgrenze Israels zum Libanon. Bei einem israelischen Luftangriff wurden nach Angaben der Hisbollah-Miliz drei Menschen getötet. Wie die schiitische Miliz mitteilte, wurden am Vortag ein Gesundheitszentrum und Rettungswagen getroffen. Israels Armee hatte hingegen mitgeteilt, der Angriff habe sich gegen eine militärische Einrichtung der Hisbollah gerichtet.
Der israelische Außenminister Israel Katz warnte die vom Iran unterstützte Miliz mit deutlichen Worten. "Wir werden nicht mehr lange auf eine diplomatische Lösung im Norden warten", schrieb Katz auf der Plattform X (vormals Twitter). Laut der "Times of Israel" führte die israelische Marine in der vergangenen Woche "umfangreiche" Übungen durch. Das Militär bereite sich auf einen möglichen Krieg vor, schrieb die israelische Zeitung.