Und das, obwohl Robert Habeck bereits im Juni vor genau diesem Szenario gewarnt hatte. Damals sagte er im Bundestag: "Das würde Deutschland wirklich wirtschaftspolitisch hart, hart treffen. Wahrscheinlich so hart, dass wir das nicht bestehen werden."
"Das ist ein Wahnsinnssatz!", sagte Markus Lanz nun in seiner Sendung am Dienstag. Robert Habeck reagierte dagegen weniger emotional und sagte: "Dieser ganze Komplex der Schuldenbremse und ihrer Auslegung ist ja bisher noch nie durchgeklagt oder durchgeurteilt worden, insofern gab es verschiedene Stimmen (...), aber noch keine juristische Bezugsgröße. Die haben wir jetzt vom Bundesverfassungsgericht bekommen. Jetzt herrscht Klarheit, dass die Schuldenbremse im deutschen Grundgesetz sehr streng, sehr fundamental ist."
Wie er das Urteil persönlich finde, wollte Habeck dagegen nicht verraten. Er stellte lediglich klar: "Das hat das Bundesverfassungsgericht, unser höchstes Gericht, so entschieden. Und das Recht, das es spricht, ist das Recht in der Bundesrepublik Deutschland." Gleichzeitig ergänzte er: "Um in dieser Lage die wirtschaftliche Substanz Deutschlands zu schützen (...), haben wir diese Gelder gut gebrauchen können. Und das ist ja das Problem, vor dem wir jetzt stehen. Jetzt sind sie erst einmal weg und wir müssen an anderen Stellen andere Summen oder ähnliche Summen auftreiben."
Markus Lanz wollte daraufhin von Habeck wissen, welche Lösungen er sich vorstellen könne. Doch statt konkret zu antworten, erklärte der Vizekanzler, dass Lösungen und Maßnahmen hinter den Kulissen konzentriert vorbereitet werden müssen. In dem Zusammenhang fragte Lanz neugierig, ob Steuererhöhungen im Lösungsspielraum seien. Darauf sagte der Grünen-Politiker sichtlich genervt: "Das ist jetzt alles Spekulation und ich möchte mich daran nicht beteiligen." Der ZDF-Moderator ließ jedoch nicht locker und fragte weiter: "Aber Sie schließen sie nicht aus?" Eine Frage, die Habeck wütend werden ließ: "Das ist unfair, Herr Lanz, wenn Sie jetzt sagen (...): 'Aha, dann habe ich eine Äußerung gehört'. Es ist jetzt tatsächlich eine sensible Phase."
Eine Aussage, die Markus Lanz dazu veranlasste, erneut zu fragen: "Im Juni haben Sie schon geahnt, was auf Sie zukommt. Wie kann es sein, dass man so dermaßen nicht vorbereitet ist auf dieses Szenario?" Robert Habeck ließ sich davon jedoch nicht aus der Ruhe bringen und antwortete besonnen: "Der politische Modus vivendi ist von Anfang an, eine Krise nach der anderen zu bestehen und abzuarbeiten." Laut Habeck gebe es aktuell neben dem "tiefen wirtschaftlichen Einbruch" auch eine "Energiekrise" sowie eine "instabile Weltlage" zu bewältigen. "Wir sind in einer krisenhaften Situation", so der Politiker ernst. Er machte gleichzeitig deutlich, dass die 60 Milliarden "nicht einfach so zusammenzukratzen" seien und es jetzt darum gehe, "schnell Lösungen zu finden".
Markus Lanz sprach den Grünen-Politiker daraufhin auf die Klage der Union an. Habeck reagierte zwar erneut bedeckt, gab jedoch zu: "In der Tat, was ich nicht angemessen finde, (...) ist der Umgang mit dem Urteil." Laut Habeck müsse man sich jetzt dennoch darauf fokussieren, einen Modus zu finden, "wo wir uns gegenseitig helfen oder stützen". In Bezug dazu fragte Lanz, inwieweit Koalitionspartner und Finanzminister Christian Lindner Mitschuld an der Krise habe. Immerhin sei es die FDP gewesen, die die Schuldenbremse einhalten wollte.
Habeck wiegelte jedoch ab: "Wir treffen Entscheidungen als Regierung gemeinsam." Dass der Notstand 2021 nicht ausgerufen wurde, sei "eine gemeinsame Entscheidung der Regierung gewesen". Ob er hinter der Entscheidung gestanden habe, wollte Habeck derweil nicht beantworten. Er sagte schlicht: "Ich will jetzt nicht den Bundeskanzler zitieren, aber ich kann mich nicht mehr daran erinnern." Lanz reagierte darauf lachend: "Das sagt ja alles."