Den Konservativen gelang es, Steuern und Abgaben zu senken und trotzdem den gewaltigen Schuldenberg zu mindern, den das Land angehäuft hatte und der im vergangenen Jahrzehnt zu der schweren Finanz- und Eurokrise geführt hatte. In internationalen Rankings stieg Griechenlands Kreditwürdigkeit und die Arbeitslosigkeit sank von knapp 19 auf rund 11 Prozent. Gleichzeitig wurden der Mindestlohn und die Renten erstmals seit Jahren erhöht.
Die Linkspartei Syriza prangert den "herzlosen Liberalismus" der Regierung an und verspricht einen kompletten Richtungswechsel. Sie will einen neuen Sozialstaat und stößt damit auf Zustimmung. Nach den Jahren der Finanzkrise und der Corona-Pandemie gehört Griechenland weiterhin zu den ärmsten Ländern Europas. "Wir werden sofort den Mindestlohn auf 880 Euro erhöhen und bei allen Löhnen den automatischen jährlichen Inflationsausgleich einführen", verspricht Syriza-Chef Alexis Tsipras. Nach seinem Willen sollen die Renten um 7,5 Prozent steigen, zudem soll künftig jährlich eine 13. Monatsrente gezahlt werden. Wie diese und viele andere staatliche Investitionen finanziert werden sollten, erklärten er und seine Partei nicht.
Syriza liegt in Umfragen mit rund 28 Prozent gut sieben Prozentpunkte hinter den Konservativen. Mit einer schnellen Regierungsbildung ist trotz des bequemen Vorsprungs der Nea Dimokratia nicht zu rechnen. Das liegt an einer Änderung des Wahlrechts, die Tsipras noch vorgenommen hatte, als er an der Regierung war (2015 bis 2019).
Zuvor erhielt die stärkste Partei nach der Wahl automatisch 50 Sitze im 300-köpfigen Parlament. Das vereinfachte die Regierungsbildung. Allerdings hatten die kleineren Parteien das Nachsehen und es kam meist zu Ein-Partei-Regierungen. Auch die Nea Dimokratia regierte die vergangen vier Jahre alleine. Tsipras änderte das Gesetz hin zur einfachen Verhältniswahl und schaffte den Bonus der 50 Sitze ab. Nun kann rechnerisch nur eine Regierung bilden, wer mindestens 48 Prozent erlangt. Das dürfte aber keiner der beiden großen Parteien gelingen.
Stattdessen wird es Sondierungsgespräche für mögliche Allianzen geben. Koalitionen haben in Griechenland aber kaum Tradition. Wenn es sie gab, waren sie meist nicht von Erfolg gekrönt. Zudem schloss die drittstärkste Partei, die sozialdemokratische Pasok (laut Umfragen bei rund neun Prozent der Stimmen), eine Koalition mit einer der beiden großen Parteien bisher aus. Klappt die Regierungsbildung binnen zehn Tagen nach der Wahl nicht, muss neu gewählt werden. Dies könnte Anfang Juli stattfinden. Dann gilt wieder eine griechische Besonderheit: Die stärkste Partei erhält 20 Sitze im Parlament. Erzielen die Konservativen rund 37 Prozent der Stimmen, könnten sie damit erneut alleine regieren.
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