
Wenn es um die Art des Engagements geht, sind sich von den 38 Prozent, die für ein stärkeres Engagement sind, rund drei Viertel (76 Prozent) einig: dies sollte vorwiegend diplomatisch sein und nicht militärisch oder finanziell - im Vorjahr waren das noch 65 Prozent. Zugleich hat der internationale Einfluss Deutschlands nach Ansicht von 57 Prozent der Befragten in den vergangenen zwei Jahren abgenommen.
Das Meinungsforschungsinstitut Kantar Public hatte im Auftrag der Körber-Stiftung vom 6. bis 12. September - also vor dem Gaza-Krieg - 1057 Wahlberechtigte im Alter ab 18 Jahren zur Außenpolitik Deutschlands befragt.
Für zwei Drittel der Befragten (66 Prozent) ist laut der Umfrage klar, dass die Ukraine weitere militärische Unterstützung erhalten sollte. 54 Prozent davon meinen, dass die militärische Hilfe der Rückeroberung von Russland besetzter Gebiete dienen solle - 41 Prozent sehen die militärische Unterstützung eher als Maßnahme, ein weiteres Vordringen Russlands zu verhindern. Der Anteil der Befragten, die in Russland eine militärische Bedrohung sehen, ist im Vergleich zum Vorjahr von 72 auf 76 Prozent gestiegen. Die deutliche Mehrheit (86 Prozent) ist der Meinung, dass der russischen Regierung unter Präsident Wladimir Putin nicht zu trauen sei.
Gleichzeitig sprechen sich 71 Prozent gegen eine militärische Führungsrolle der Bundesrepublik in Europa aus. „Mehr als je zuvor wirken sich internationale Krisen auf den inneren Zusammenhalt unserer Gesellschaft aus“, erklärte Nora Müller, Leiterin des Bereichs Internationale Politik der Körber-Stiftung. Trotz der Bemühungen des Landes, aktiv zur Krisenbewältigung beizutragen, sei es im Interesse vieler Befragten, sich zurückzuhalten.
Chinas internationaler Einfluss wird zunehmend negativ bewertet: 62 sehen ihn als etwas Schlechtes. Nur 6 Prozent sehen ihn positiv. 6 von 10 Befragten sprechen sich für eine größere wirtschaftliche Unabhängigkeit von China aus. Und das selbst dann, wenn dies wirtschaftliche Nachteile oder den Verlust von Arbeitsplätzen bedeuten könnte. Das Verhältnis zu China wird kritisch gesehen. Etwa die Hälfte der Befragten nimmt China als wirtschaftlichen Wettbewerber wahr, 35 Prozent sehen das Land als Rivalen und lediglich 13 Prozent als Partner Deutschlands.
Dagegen halten 43 Prozent der Befragten die Vereinigten Staaten für den wichtigsten Partner Deutschlands - sieben Prozent mehr als im Vorjahr. Die aktuelle Beziehung zwischen beiden Ländern wurde überwiegend positiv bewertet - 77 Prozent nehmen sie als eher gut bis sehr gut wahr.
Bei der Frage der Partnerschaft schwankt die Einstellung jedoch stark nach politischen Themenfeldern. Während beim Umgang mit dem Krieg in der Ukraine 69 Prozent die USA als wichtigen Partner sehen, sind die Amerikaner beim Klimaschutz nur für 29 Prozent ein wichtiger Verbündeter. Bei einer Wiederwahl des früheren Präsidenten Donald Trump bei der US-Wahl im kommenden Jahr gehen 82 Prozent der Befragten von einer negativen Auswirkung auf die transatlantischen Beziehungen aus.