"Wir haben uns untereinander abgesprochen und beschlossen, den ganzen Tag abwechselnd vor dem Gebäude zu stehen, damit sie sich nicht einrichten können", sagte Fatima dem "Parisien". "Wir haben ihren Platz eingenommen und ihnen gesagt: Das ist unser Gebäude! Ich selbst blieb von zwölf Uhr mittags bis drei Uhr morgens, wir standen immer wieder für Schichten auf." Die jungen Dealer seien zunächst nicht zurückgekommen, weil die Polizei auch sehr präsent war.
"Die Jugendlichen wurden immer aggressiver, deshalb haben sich die Leute zu einer Bürgerwehr zusammengeschlossen", sagte René, ein 77-jähriger Anwohner. "Es waren die Frauen, die an vorderster Front standen und alle mobilisiert haben." Und eine Reinigungsfrau ergänzte: "Es sind Familienmütter, sie hatten keine Lust, Drogen vor ihrer Haustür zu haben und Drogendealer, die sie nach Ihren Papieren fragen, um nach Hause gehen zu können." Denn an die Zufahrten zu etlichen Wohnblocks richten die Dealer Straßensperren ein, an denen sie kontrollieren, wer zu den Gebäuden kommt.
Beeindruckt vom Protest besuchten Frauenorganisationen aus anderen drogengeplagten Quartieren im Norden von Marseille den organisierten Widerstand, um sich über erfolgreiche Methoden auszutauschen. Wie die Präfektin der Region Bouches-du-Rhône, Frédérique Camilleri, erklärte, unterstützt die Polizei die Anwohner mit verstärkten Streifen vor Ort.
Drogenbanden dominieren in Frankreichs zweitgrößter Stadt ganze Wohnviertel, regelmäßig gibt es tödliche Abrechnungen. Mit einem geballten Polizeivorgehen versuchen die Behörden aber seit kurzem, den Handel effektiver zu bekämpfen. Bei einer großen Aktion im Sommer machte die Bereitschaftspolizei zunächst den Weg frei für die reguläre Polizei, damit diese in die Siedlungen vorrücken konnte.
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