Die Opposition, insbesondere die Sozialdemokratische Partei, kritisierte Orpos Regierung dafür, dass sie sich nicht ausreichend von Purras und Rydmans Schriften distanzierte und nicht genug unternahm, um Diskriminierung und Rassismus in Finnland zu bekämpfen, einem Land mit 5,5 Millionen Einwohnern, das im April 31. Mitglied der NATO wurde. Das Problem hat die Regierung gelähmt, die ihr Amt vor weniger als drei Monaten angetreten hat, nachdem Orpos konservative Nationale Koalitionspartei bei den Parlamentswahlen im April die meisten Sitze gewonnen hatte, gefolgt von der Finnen-Partei auf dem zweiten Platz.
Um einen Zusammenbruch zu verhindern, einigte sich die Regierung letzte Woche auf Richtlinien und Grundsätze zur Bekämpfung von Intoleranz und Diskriminierung, doch die Opposition sagte, der Schritt sei zu spät gekommen und es fehle an konkreten Maßnahmen. Zur 19-köpfigen Regierungskoalition gehören auch die kleineren Christdemokraten und die Schwedische Volkspartei Finnlands. Zusammen halten sie 108 der 200 Sitze im Parlament, der Eduskunta. Nach dem Aufstieg der Finnen-Partei in die Mainstream-Politik im letzten Jahrzehnt ist die politische Szene Finnlands zunehmend polarisiert, insbesondere bei Themen wie der Einwanderung, die die Partei einschränken möchte.
Auf Drängen der Finnen-Partei hat die Regierung eine harte Haltung gegenüber der Einwanderung eingenommen und unter anderem die Anforderungen an Aufenthaltsgenehmigungen und Staatsbürgerschaft verschärft. Die Partei bestreitet, dass sie Ausländer – insbesondere solche von außerhalb der Europäischen Union – diskriminiere. Politische Analysten sagen, Orpos Kabinett sei Finnlands konservativstes seit dem Zweiten Weltkrieg. Während ihrer kurzen Amtszeit war sie mit großen Turbulenzen konfrontiert.
Im Juli entschuldigte sich Purra, der auch stellvertretender Premierminister ist, für rassistische Kommentare in einem Blogbeitrag vor 15 Jahren. Die Kommentare tauchten in den sozialen Medien erneut auf, nachdem sie im Juni ihr Kabinettsamt angetreten hatte. Die Finnen wählten Rydman im Juli als Nachfolger des bisherigen Wirtschaftsministers, der weniger als zwei Wochen nach seinem Amtsantritt wegen angeblicher Verbindungen zu rechtsextremen Gruppen und Nazi-Äußerungen zurücktrat. Rydman ist auch wegen der als rassistisch eingestuften privaten Textnachrichten, die er vor sieben Jahren an seine frühere Freundin geschickt hatte, in die Kritik geraten.
ag/pcl