Damit trat die drakonische Strafe in Kraft, die den bekanntesten Regimekritiker des Landes nach Angaben seiner Anwälte bis 2038 hinter Gittern halten soll. Aus dem Urteilsspruch von Anfang August strich das Berufungsgericht nur die Passage, wonach Nawalny ein "besonders gefährlicher Wiederholungstäter" sei. Das meldete die Agentur Interfax in Moskau. Juristische Auswirkungen hat die kleine Änderung nicht.
Die russische Justiz hat Nawalny verurteilt, weil er angeblich eine extremistische Organisation gegründet und finanziert haben soll. Gemeint ist seine Stiftung, die der Fälle von Korruption in der russischen Elite recherchierte und öffentlich machte. Im Ausland wird Nawalny als politischer Gefangener angesehen. Der Kritiker von Präsident Wladimir Putin sitzt bereits seit 2021 in Russland in Haft wegen angeblichen Betrugs. Er hatte im August zu der neuen Strafe gesagt, sie bedeute lebenslang - bis er entweder sterbe oder Putins Macht vergehe.
International wird Nawalny als politischer Gefangener angesehen, seine Bestrafung als Vorgabe des Kremls an eine willfährige Justiz kritisiert. Der prominente Kritiker von Präsident Wladimir Putin wurde bereits 2021 inhaftiert und sitzt mittlerweile in einem Straflager rund 260 Kilometer von Moskau entfernt. Eigenen Angaben zufolge wurde er in den vergangenen Monaten bereits 20 Mal für jeweils mehrere Tage in eine Einzelzelle gesperrt. Seine Unterstützer sind überzeugt, dass der russische Staatsapparat Nawalny auf diese Weise foltern, seinen Widerstand brechen und ihn als abschreckendes Beispiel für andere Regierungskritiker instrumentalisieren will.
Menschenrechtler weisen zudem immer wieder auf die angeschlagene Gesundheit Nawalnys hin, der im Sommer 2020 nur knapp einen Nervengiftanschlag überlebte. Nawalny wirft dem russischen Inlandsgeheimdienst FSB und Putin vor, hinter dem Mordanschlag zu stecken. Der Kreml dementiert das.
Sergei Guriev, ein Wirtschaftswissenschaftler und langjähriger Verbündeter Nawalnys, der derzeit Rektor der Sciences Po in Paris ist, sagte, es sei wichtig, dass sich die Staats- und Regierungschefs der Welt dafür einsetzen, dass Nawalny in einen möglichen Gefangenenaustausch einbezogen werde. Guriev sagte, er wisse aus "direkter und indirekter Kommunikation" mit Nawalny, dass der Politiker im Falle einer sofortigen Freilassung nicht nach Russland zurückkehren würde, solange Putin an der Macht bleibe. "Die Situation hat sich verändert. Er kann in Russland nicht arbeiten, er kann niemanden beschäftigen. Sollte er ausgetauscht werden oder es ihm irgendwie gelingen, zu gehen, würde er wegbleiben. Er ist nicht verrückt und dieses Mal würde er nicht zurückkommen", sagte Guriev.
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