Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler drängen schon länger darauf, die strengen EU-Regeln für sogenannte grüne Gentechnik zu lockern. Von Vertreterinnen und Vertretern der Ampel-Parteien waren bislang unterschiedliche Positionen zu dem Vorhaben zu hören. "Wer diese Technologie ablehnt, agiert fahrlässig und verantwortungslos", sagte Carina Konrad, stellvertretende FDP-Fraktionsvorsitzende. Dies sollten auch das Umwelt- und Landwirtschaftsministerium endlich anerkennen. Aus dem vom Grünen Cem Özdemir geführten Agrarministerium hieß es jüngst, gentechnisch veränderte Pflanzen sollten eine Risikoprüfung durchlaufen, gekennzeichnet werden und rückverfolgbar sein. Aus dem Bundesumweltministerium unter Leitung von Steffi Lemke (Grüne) gab es skeptische Äußerungen bezüglich einer Lockerung von Gentechnik-Regeln.
Auch in den Reihen der SPD gibt es Kritik an der Gentechnik: "Ihr gesellschaftlicher Nutzen wird in der Theorie oft behauptet, aber in der Praxis zielt die Gentechnik auf Patente und Profite", sagte Entwicklungsministerin Svenja Schulze. Kritiker, etwa Nichtregierungsorganisationen, fürchten, dass große Konzerne noch mehr Kontrolle über die Lebensmittelproduktion bekommen könnten. Zudem sehen etwa Verbraucherschützer die Gefahr, dass Menschen sich nicht mehr bewusst gegen Essen entscheiden könnten, das durch neue Gentechnikmethoden verändert wurde. Mehr Risiken für die Gesundheit durch eine Deregulierung wie geplant sehen weder die EU-Kommission noch Forscher. EU-Staaten und Europaparlament müssen die Vorschläge noch diskutieren und einen Kompromiss ausarbeiten.
Forschende haben das Vorhaben bislang klar begrüßt: Führende wissenschaftliche Organisationen in Deutschland und Europa bewerteten die Technologie ähnlich wie die Kommission, betonte Nicolaus von Wirén vom Leibniz-Institut für Pflanzengenetik und Kulturpflanzenforschung. Es gehe von derartig veränderten Pflanzen kein erhöhtes Risiko für Mensch und Natur aus. Franz-Martin Rausch, Hauptgeschäftsführer des Handelsverbands Lebensmittel (BVLH), sagte, dass umfassende Verbraucherinformationen ein langjähriger Grundpfeiler des EU-Lebensmittelrechts sei und Verbrauchern eine Wahlmöglichkeit gelassen werden sollte.
dp/fa