Die Untersuchungen zum Fischsterben in Polen sind ihr zufolge noch nicht abgeschlossen. Bisher habe die polnische Regierung keine Verursacher der Salzeinleitungen genannt. Experten gehen davon aus, dass hoher Salzgehalt, Niedrigwasser, hohe Temperaturen und Gift einer Algenart, die sich aufgrund von Salzeinleitungen ausbreiten konnte, wesentliche Ursachen für das Fischsterben waren. Auf polnischer und deutscher Seite waren im August schätzungsweise mindestens 360 Tonnen Fische verendet.
Der Gewässerökologe Christian Wolter sieht den Fluss auch weiterhin in Gefahr. Die Alge könne bei relativ geringen Temperaturen wachsen, das sorge für eine angespannte Situation. Im vergangenen Jahr habe es eine "Algenwelle" in der Oder gegeben, jetzt herrschten "Dauerstadien". "Es kann sein, dass die Alge auf 300 Kilometer überall gleichzeitig anfängt zu wachsen. Da wissen wir noch gar nicht, was da passiert", stellte er auf der Konferenz dar. Der Wissenschaftler vom Leibniz-Institut für Gewässerökologie und Binnenfischerei (IGB) in Berlin und seine Kollegen untersuchen in einem vom Bund bis 2026 geförderten Forschungsprojekt die Folgen des massenhaften Fischsterbens.
Mit Blick auf Einleitungen in Deutschland sagte Lemke, sie habe in der Umweltministerkonferenz angestoßen, ob Genehmigungen an die Klimakrise angepasst werden müssen, etwa durch geringere Einleitungen bei niedrigen Wasserständen. Auch Wolter sieht als unmittelbare Maßnahmen das Anpassen aller Einleitungsgenehmigungen und das sofortige Einstellen der übermäßigen Salzeinträge. Forscher Wolter hält in diesem Zusammenhang auch eine Neubewertung der Auswirkungen des Oderausbaus für notwendig. Bis dahin sollte dieser gestoppt werden. Auch Lemke sieht den Oderausbau kritisch - auf der polnischen Seite wie auch Planungen auf deutscher Seite. "Ich setze mich dafür ein, dass in der aktuellen Situation vermeidbare neue Belastungen der Oder auf deutscher Seite in jedem Fall vermieden werden müssen", betonte sie.
Vor diesem Hintergrund habe das Bundesumweltministerium auch eine Stellungnahme im Rahmen der strategischen Umweltprüfung zum polnischen Schifffahrtsprogramm abgegeben. Darin sei unter anderem kritisiert worden, dass die Umweltkatastrophe nicht berücksichtigt wurde. Ausrichter der Oderkonferenz waren die Fraktionen der Grünen im brandenburgischen Landtag und im Bundestag. Auch polnische Politiker sowie Vertreter von Umweltorganisationen waren anwesend. Zuletzt wurden Bauarbeiten zum Ausbau der Oder von einem Gericht in Polen vorerst gestoppt. Geklagt hatten deutsche Umweltorganisationen und das Land Brandenburg.
Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) sagte, die Bundesregierung und Polen sowie die regionalen Behörden müssten alles unternehmen, damit es nicht wieder zu einer solchen Katastrophe komme. "Der Gesprächsfaden darf hier nicht abreißen." Gefährliche Einleitungen in den Fluss müssten auch unter dem Aspekt der fortschreitenden Klimaveränderungen überprüft werden.
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