Eine offizielle Rüstungsindustrie gibt es im Gazastreifen keine. Doch das Internationale Institut für Strategische Studien (IISS) geht davon aus, dass die meisten Raketen mittlerweile in Werkstätten vor Ort hergestellt, und nur wenige noch aus Syrien und dem Iran in den abgeschotteten Küstenstreifen geschmuggelt werden. Nach IISS-Angaben gibt es bisher keine Hinweise auf den Einsatz gelenkter Boden-Boden-Raketen, doch schließen die Militärexperten nicht aus, dass sie sich im Arsenal der Islamisten befinden könnten.
Nach Angaben im IISS-Jahrbuch "Military Balance 2023" besaß die Hamas zuletzt selbst hergestellte Kassam-Raketen verschiedener Kaliber und mit kürzerer Reichweite. IISS-Militärexperte Fabian Hinz erklärte Mitte Oktober dem Schweizer Fernsehen, eine Hamas-Rakete koste zwischen 1000 und 5000 US-Dollar - sei also günstiger als zum Beispiel die Abfangraketen Israels. Daneben kann die Hamas mit iranischen Raketen des Typs "Fadschr-3" und einer geschätzten Reichweite von bis zu 45 Kilometern größere israelische Ortschaften in Gaza-Nähe erreichen. Mit dem Typ "Fadschr-5", der Ziele in bis zu 75 Kilometern Entfernung treffen kann, liegen etwa der Großraum Tel Aviv und Jerusalem in Reichweite.
Dazu kommen nach IISS-Angaben noch ballistische Hamas-Raketen mit der Bezeichnung "Ajasch-250". Mitte Oktober wurde eine solche vom israelischen Abwehrsystem abgefangen. Nach Medienberichten heulten östlich der nordisraelischen Hafenstadt Haifa die Warnsirenen, also in mehr als 160 Kilometern Entfernung zum Gazastreifen. Ballistische Raketen sind in aller Regel Boden-Boden-Raketen, die am Anfang der Flugphase angetrieben werden, um danach im Freiflug auf die Erde zu fallen. Die Flugbahn ähnelt der eines geworfenen Steins.
Außerdem verfügt die Hamas nach IISS-Angaben über Panzerabwehrraketen der Typen "9K11 Maljutka" (Russland) und "Dehlavieh" (Iran). Hamas und PIJ setzen dem zufolge auch auf unbemannte Luftfahrzeuge, umgangssprachlich Drohnen. Einerseits wurden direkte, satellitengesteuerte Angriffe per Kamikaze-Drohne geflogen, andererseits haben Quadrocopter schon Munition abgeworfen. Die PIJ-Terroristen setzten etwa während des Konflikts mit Israel im Jahr 2021 "Badr-3"-Raketen ein. Damit wurden etwa die südisraelischen Städte Aschkelon und Netiwot getroffen.
Die Hisbollah gilt als weitaus gefährlicher für Israel als die Hamas. Experten gehen davon aus, dass die vom Iran massiv aufgerüstete Schiiten-Miliz mehr als 100.000 Raketen, Bomben und andere Flugkörper besitzt, einige sagen 200.000. Die Hisbollah sei der am stärksten bewaffnete nichtstaatliche Akteur der Welt, heißt es von der US-Denkfabrik Center for Strategic and International Studies (CSIS). Ihr zufolge besteht das Arsenal hauptsächlich aus kleinen, tragbaren und ungelenkten Boden-Boden-Artillerieraketen.
Das israelische Institute for National Security Studies (INSS) zählt auf: Die Hisbollah verfüge über etwa 40.000 Raketen mit einer kurzen Reichweite von bis zu 20 Kilometern. Kurzstreckenraketen mittlerer Reichweite (bis 100 Kilometer) wie "Fadschr-3", "Fadschr-5" und weitere gebe es 80.000. Von Raketen unter anderem des Typs "Fatah-110" mit bis zu 300 Kilometern sollen etwa 30.000 existieren. Manche Experten glauben, dass die Hisbollah sogar über Scud-Raketen mit mehr als 500 Kilometern Reichweite verfügen könnte.
Daneben führt die Miliz Kriegsgerät, um Panzer und Schiffe anzugreifen. Auch Flugabwehrraketen sind im Arsenal. Das israelische Alma Research and Education Center hat im Jahr 2022 geschätzt, dass zudem rund 2000 unbemannte Luftfahrzeuge zur Verfügung stehen - darunter Drohnen des iranischen Typen "Schahed" und "Samad".
In Berichten über die Waffenarsenale der islamistischen Gruppen ist mitunter von Langstreckenraketen die Rede. Doch diese auch als Interkontinentalraketen mit eingebautem Lenksystem bekannten Waffen, deren Reichweite 5500 Kilometer überschreitet, sind nicht im Besitz von Hamas oder Hisbollah - genauso wenig wie Mittelstreckenraketen mit einer Reichweite zwischen mindestens 800 und 5500 Kilometern. Auch wenn mitunter im Fall von Hamas, PIJ und Hisbollah von "long-distance missiles" die Rede ist, so sind damit in der Regel Kurzstreckenraketen mit höherer Reichweite gemeint.