
Von dort aus breitete sich das Netzwerk der Hammerskins rasch international aus. Hammerskin-"Divisionen" existieren oder existierten unter anderem in mehreren europäischen Ländern, Australien und Neuseeland. In Deutschland sind die Hammerskins bereits seit Anfang der 1990er-Jahre aktiv.
Die Hammerskins verstehen sich als Kaderorganisation. Während andere rechtsextreme Organisationen darauf setzen, möglichst viele Mitglieder zu gewinnen und dabei keine besonderen Voraussetzungen für die Mitgliedschaft aufstellen, wollen die Hammerskins nur eine militante, gewaltbereite Elite der internationalen Neonazi-Skinhead-Szene repräsentieren. Interessenten müssen sich zunächst als Anwärter beweisen und einen mehrstufigen Aufnahmeprozess durchlaufen, bevor sie als vollwertige Mitglieder betrachtet werden. Durch ihre strengen Aufnahmeprozesse, den hierarchischen Aufbau, die große Verschwiegenheit und ihr gewalttätiges Auftreten erinnern die Hammerskins an kriminelle Rockergruppen. Wie das militante weltweite Neonazinetzwerk Blood and Honour (in Deutschland verboten), konzentrieren sich auch die Hammerskins auf das Organisieren von Konzerten und das Geschäft mit rechtsextremer Musik.
Besonders in den USA gibt es seit den 1980er-Jahren eine lange Liste an schweren Gewalttaten durch Mitglieder der Hammerskins. In den 1990er-Jahren ermordeten Hammerskins dort mehre Schwarze und verwüsteten Synagogen. "Einige ihrer Mitglieder wurden verurteilt, weil sie Angehörige von Minderheiten belästigt, geschlagen oder ermordet haben", resümiert die Anti Defamation League. Im Jahr 2012 erschoss ein Hammerskin-Mitglied bei einem rassistischen Anschlag auf einen Sikh-Tempel im US-Bundesstaat Wisconsin sechs Menschen.
Die deutschen Hammerskins haben zeitweise szeneinterne Publikationen herausgegeben und organisieren Rechtsrockkonzerte. Eine Reihe bekannterer Rechtsrockbands wird zumindest dem Umfeld der Hammerskins zugerechnet. Laut Angaben des Bundesamtes für Verfassungsschutz wurde die größte europäische organisationsübergreifende Kampfsportveranstaltung in der rechtsextremistischen Szene, der "Kampf der Nibelungen", erstmalig im Jahr 2013 unter dem Namen "Ring der Nibelungen" von Mitgliedern der Hammerskins aus dem südwestdeutschen Raum ins Leben gerufen. Neben führenden Neonazis aus Dortmund sind auch Hammerskin-Funktionäre für die Organisation und Durchführung der Veranstaltungen verantwortlich. In den vergangenen Jahren wurden diese Kampfsportveranstaltungen regelmäßig von den Behörden verboten.
Eine Verwurzelung der Hammerskins in der Kampfsportszene beobachtet auch Daniel Trepsdorf, Rechtsextremismusexperte und Leiter des Demokratiezentrums Westmecklenburg. "Auch in Mecklenburg-Vorpommern sind die Neonazis der Hammerskins Deutschland aktiv und verbreiteten menschenfeindliche Propaganda und Angst mit ihrem martialischen Auftreten. Insbesondere die Kampfsport- und Mixed-Martial-Art-Szene wird in Teilen seit Jahren von dieser Gruppierung dominiert", sagte Trepsdorf. Mitglieder der Hammerskins traten in der Vergangenheit auch als Sicherheitspersonal bei rechtsextremen Veranstaltungen auf.
Dem geheimen Charakter der Hammerskins entsprechend finden viele Aktivitäten des Neonazinetzwerks im Verborgenen statt. Die Hammerskins gelten aber als sehr gut vernetzt in der deutschen und internationalen Neonaziszene. Auch enge Verbindungen von Hammerskins zum rechtsterroristischen NSU sind bekannt. Wie die Journalistin Andrea Röpcke berichtet, schrieb das Bundeskriminalamt 2012 in einem vertraulichen Papier, dass gegen mehr als die Hälfte der deutschen Hammerskins Ermittlungsverfahren eingeleitet worden seien.
Laut Behördenangaben haben die nun verbotenen Hammerskins in Deutschland etwa 130 Mitglieder. Es sollen bundesweit 13 regionale "Chapter" des Neonazinetzwerks bestehen. Durchsucht wurden am Dienstagmorgen die Wohnungen von 28 Mitgliedern der Hammerskins in zehn Bundesländern: Bayern, Baden-Württemberg, Berlin, Brandenburg, Hessen, Mecklenburg-Vorpommern, Nordrhein-Westfalen, Rheinland-Pfalz, Thüringen und dem Saarland. Die Razzia richtete sich dem Vernehmen nach nur gegen mutmaßliche Führungsfiguren.
Der Verein agiere gegen die verfassungsmäßige Ordnung, gegen den Gedanken der Völkerverständigung, hieß es zur Begründung des Verbots. Zudem liefen Zweck und Tätigkeit der Vereinigung den Strafgesetzen zuwider. Bei Konzertveranstaltungen der Gruppe würden auch Nichtmitglieder mit rechtsextremistischem Gedankengut ideologisiert. Mitglieder der Vereinigung sind auch in der Kampfsportszene aktiv. Nach Angaben aus Sicherheitskreisen boten sie sich als Sicherungsdienst für rechtsextremistische Veranstaltungen an. Bei den Vorbereitungen für das Verbot haben Bund und Länder nach Angaben des Ministerium über ein Jahr lang zusammengearbeitet. Auch mit US-Behörden sei kooperiert worden.
Die Parlamentarische Geschäftsführerin der Grünen-Bundestagsfraktion, Irene Mihalic, begrüßte das Verbot am Dienstag. "Das Verbot der Hammerskins und die damit einhergehenden Durchsuchungen sind ein wichtiger Schlag gegen Rechtsextremisten in Deutschland. Endlich geht eine Bundesregierung entschlossen rechtsextreme Netzwerke an", sagte Mihalic. Dieser Weg müsse entschlossen weiter beschritten werden, "denn es geht im Kern darum, die Entstehung rechter Parallelgesellschaften in unserem Land zu verhindern, deren DNA die permanente Verbreitung von Hass und Angst ist."
Die Crew 38 gilt als Vorfeldorganisation der Hammerskins – quasi eine weniger elitäre Erweiterung der Neonaziorganisation mit weniger strengen Aufnahmekriterien. Das Logo der Hammerskins besteht aus zwei gekreuzten Hämmern auf einem Zahnrad – übernommen wurde es mit kleineren Anpassungen von den fiktiven Faschisten aus dem Pink-Floyd-Film "The Wall" von 1982. Das Motto des Neonazinetzwerks ist "Hammerskins forever, forever Hammerskins" – auch die Abkürzung "HFFH" wird etwa als Tätowierung oder auf Kleidungstücken genutzt.
dp/fa