Die Tarifverhandlungen liegen derzeit auf Eis, zweimal untermauerte die GDL ihre Forderungen bereits mit Streiks. Sie fordert für Beschäftigte im Schichtdienst perspektivisch eine Senkung der Wochenarbeitszeit von derzeit 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich - daran waren die Gespräche zuletzt gescheitert. DB-Personalvorstand Martin Seiler kritisierte in Berlin die GDL und ihren Chef Claus Weselsky deutlich. Die Gewerkschaft habe von Anfang an nicht in ernsthafte Verhandlungen einsteigen wollen, sie lege "die Axt an eine gute Sozialpartnerschaft": "Das tut sie im Übrigen auch mit ihrer Sprache, in der sie in der Hauptsache aufstachelt, spaltet oder beleidigt", sagte Seiler.
Darüber hinaus sieht das Angebot 4,8 Prozent mehr Geld ab August und weitere 5 Prozent mehr ab April 2025 vor. Auch die Zahlung der Inflationsausgleichsprämie gleich nach einem möglichen Tarifabschluss ist vorgesehen. Das Angebot gilt nur für Lokführerinnen und Lokführer sowie das Zugpersonal, was nach Angaben der Bahn rund 70 Prozent der Beschäftigten im Geltungsbereich der GDL entspricht. Die Laufzeit soll dem DB-Angebot zufolge bei 32 Monaten liegen. In Summe erhielten die Beschäftigten, die bei der aktuellen Arbeitszeit bleiben, mit dem Angebot brutto 13 Prozent mehr Geld als jetzt. Die GDL fordert 555 Euro mehr pro Monat sowie eine Inflationsausgleichsprämie bei 12 Monaten Laufzeit.
"Die GDL wird dieses Angebot bewerten und danach über das weitere Vorgehen entscheiden", teilte die Gewerkschaft mit. Die Entscheidung werde per Pressemitteilung bekanntgegeben, für Anfragen stehe die GDL bis dahin nicht zur Verfügung. In derselben Mitteilung betonte die Gewerkschaft, dass die Deutsche Bahn aus ihrer Sicht in der aktuellen Tarifrunde zunehmend isoliert sei. Mit zahlreichen anderen Unternehmen seien inzwischen Abschlüsse gelungen, die auch eine Arbeitszeitverkürzung für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich enthielten. Eine solche Arbeitszeitverkürzung ist die zentrale Forderung der GDL.
DB-Personalvorstand Seiler bezeichnete solche Abschlüsse mit kleineren Bahnunternehmen als PR-Gags. Diese Tarifverträge stünden in Sachen Arbeitszeit unter Vorbehalt. "Sie beinhalten an dieser Stelle eine Klausel, die besagt, dass am Ende nur die Regelungen zustande kommen, die in der Branche maßgeblich sind. Also die mit der Deutschen Bahn abgeschlossen wurden", sagte Seiler.
Der Bahn-Manager kritisierte das Verhalten der GDL in der aktuellen Tarifrunde auch grundsätzlich. "Bei der GDL ist wirklich einiges in Schieflage geraten", sagte er gleich mehrfach. 120 Stunden Arbeitskampf in der laufenden Tarifrunde stünden gut 14 Stunden Verhandlungszeit gegenüber.
Arbeitskämpfe seien eigentlich das letzte Mittel, wenn es in einem Tarifstreit zwischen Gewerkschaft und Arbeitgeber nicht weitergehe. Man sei lange nicht an einer eigentlichen ultima ratio. "Wir sind eher beim Mittel der Selbstinszenierung", sagte Seiler.
Die Bahn schlug außerdem vor, die Tarifverhandlungen am Donnerstag kommende Woche fortzusetzen. Sie sei aber auch bereit, "zu jeder anderen Zeit und an jedem anderen Ort" zu verhandeln. Für Streiks gebe es jedenfalls nun "keinen Grund" mehr, sagte Seiler. Nach dessen Äußerungen äußerte sich die Gewerkschaft bislang nicht zu dem Angebot und auch nicht zum vorgeschlagenen Verhandlungstermin.
Der Tarifkonflikt zwischen der Bahn und der GDL begann Anfang November. Die GDL erklärte die Verhandlungen bereits nach der zweiten Runde für gescheitert. Nach einer Urabstimmung unter den Mitgliedern über unbefristete Streiks wurde zuletzt drei Tage am Stück die Arbeit niedergelegt, zuvor gab es zwei Warnstreiks. Im Personenverkehr sorgten die drei Arbeitskämpfe stets für Tausende Zugausfälle, im Güterverkehr für lange Rückstaus.
Vor einer Woche hatte GDL-Chef Weselsky angedroht, die Beschäftigten erneut und länger zum Streik aufzurufen, sollte die Bahn kein Angebot vorlegen, in dem auch eine Arbeitszeitverkürzung bei vollem Lohnausgleich enthalten ist. Der Tarifkonflikt drehte sich zuletzt nahezu ausschließlich um diese Gewerkschaftsforderung.
Die GDL will bei den Verhandlungen eine Reduzierung der Wochenarbeitszeit für Schichtarbeiter von 38 auf 35 Stunden bei vollem Lohnausgleich erreichen. Die Bahn wies diese Forderung bislang zurück und bezeichnete sie als unerfüllbar. Der Konzern argumentiert, dass bei weniger Arbeitszeit mehr Personal nötig sei - das sei aber auf dem angespannten Arbeitsmarkt nicht zu finden. Die GDL wiederum sieht in weniger Arbeitszeit eine geeignete Maßnahme, um die Berufe bei der Bahn attraktiver zu machen.
Sollten im nun vorliegenden Angebot alle betroffenen Lokführer und Zugbegleiter ab 1. Januar 2026 eine Stunde weniger arbeiten wollen, brauche es drei Prozent mehr Personal, sagte Seiler. Das sei eine vertretbare Größenordnung vor allem angesichts der Vorlaufzeit von gut zwei Jahren.