Die Verleumdungsanklage gegen Knox entstand, weil sie in den frühen Morgenstunden des 6. November 2007 den kongolesischen Barbesitzer Patrick Lumumba fälschlicherweise des Mordes bezichtigt hatte. Diese Anschuldigung basierte auf zwei von der Polizei getippten Aussagen, die Knox ohne Anwalt und ohne kompetenten Übersetzer unterschreiben musste. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied später, dass die Bedingungen des Verhörs eine Verletzung ihrer Menschenrechte darstellten.
Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte entschied, dass Knox' Menschenrechte während der Vernehmungen verletzt wurden. Dies war ein entscheidender Wendepunkt, da Italiens höchstes Gericht im November 2023 daraufhin Knox' Verurteilung wegen Verleumdung aufhob und eine Neuverhandlung anordnete. Die Anweisungen an das Gericht in Florenz lauteten, lediglich eine handschriftliche Erklärung von Knox zu berücksichtigen, die sie einige Stunden nach den ursprünglichen Vernehmungen auf Englisch verfasste. Darin erklärte sie, dass ihre vorherigen Aussagen unter extremem Stress, Schock und Erschöpfung gemacht wurden und sie Zweifel an deren Richtigkeit habe.
Sal Kassin, ein führender Experte für falsche Geständnisse, hat betont, dass Knox' unterschriebene Aussagen ein klassisches Beispiel für falsche Geständnisse darstellen. Solche Geständnisse enthalten oft detaillierte, aber falsche Informationen, die den Theorien der Polizei entsprechen. Kassin erklärte, dass die Polizei Knox' Geständnis „verfälscht“ habe, um ihre Theorie zu stützen. Er bezeichnet es als absurd, Knox für Aussagen zur Verantwortung zu ziehen, die unter solchen extremen Bedingungen gemacht wurden.
Parallel zu den Verhandlungen gegen Knox und Sollecito wurde Rudy Hermann Guede, ein Mann aus der Elfenbeinküste, wegen des Mordes an Kercher verurteilt. Seine DNA wurde am Tatort gefunden, und er verbüßte 13 Jahre einer 16-jährigen Gefängnisstrafe, die ihm in einem Schnellverfahren auferlegt wurde, das nach italienischem Recht mildere Strafen vorsieht.
Amanda Knox, heute Mutter zweier kleiner Kinder und Mitbetreiberin eines Podcasts, wird diese Woche vor dem Gericht in Florenz erscheinen. Die Neuverhandlung der Verleumdungsanklage, die für Mittwoch angesetzt ist, könnte endlich Klarheit in den letzten offenen juristischen Punkt ihres Falls bringen und möglicherweise das Kapitel für sie endgültig schließen.
Dieser erneute Gang vor Gericht ist ein bedeutender Moment für Knox, der über ein Jahrzehnt nach den ursprünglichen Ereignissen erfolgt. Es bleibt abzuwarten, ob sie dieses Mal endgültig von allen Anklagen befreit wird und damit einen Schlussstrich unter die tragische Geschichte ziehen kann, die ihr Leben so tiefgreifend beeinflusst hat.