Am Sonntag war noch ein großer Lavastrom zu beobachten, der langsam in einem unbewohnten Gebiet zu Tal floss. Am Montag hatte sich der Ätna bereits wieder beruhigt, und das nationale italienische Institut für Geophysik und Vulkanologie (INGV) konnte Entwarnung geben.
Der Ausbruch ereignete sich beim Südostkrater, wie alle Ausbrüche der letzten Jahre. Es handelte sich bereits um die dritte Eruption in diesem Jahr, nach den etwas größeren Ausbrüchen im Mai und im August, bei denen jeweils der Flughafen von Catania geschlossen werden musste. Laut INGV-Direktor Stefano Branca ist der Ätna nach der sehr aktiveren Phase im Winter 2020/21 daran, sich wieder "aufzuladen". Dabei komme es gelegentlich zu kleineren Ausbrüchen wie jenem vom Samstag. Vor knapp zwei Jahren hatte der Ätna monatelang mit zahlreichen spektakulären Ausbrüchen auf sich aufmerksam gemacht; dabei sind große Mengen an Lava an die Erdoberfläche getreten. Die Lavaströme waren auch vom Weltraum aus zu sehen, wie eindrückliche Satellitenfotos belegten.
Der Ätna gilt unter den Geologen als "gutmütiger" Vulkan: Er explodiert nicht wie der Vesuv bei Neapel oder der Mount Saint Helen in den USA, sondern er lässt regelmäßig Druck ab und schwappt lediglich über. Die meisten Einwohner am Ätna haben wegen der Gutmütigkeit des Ätna ein geradezu inniges Verhältnis zu ihrem Vulkan: "Unser Berg lebt, aber er tut uns nichts", sagen die Bewohnerinnen und Bewohner von Catania. Die Älteren nennen den Ätna manchmal auch "Madre", Mutter: Der Vulkan sät nicht den Tod, sondern er spendet Leben. Dank seiner fruchtbaren Asche gedeihen rund um den Berg Orangen, Zitronen, Mandarinen, Oliven, Wein und sogar eine nur in Sizilien vorkommende Pistazienart. Botaniker haben am Ätna, der zum Unesco-Weltnaturerbe zählt, über tausend verschiedene Pflanzenarten katalogisiert.
Sehr viel größere Sorgen als der große, gutmütige Ätna bereitet den italienischen Behörden und Forschenden derzeit ein anderer Vulkan einige hundert Kilometer nördlich: die Phlegräischen Felder. Die sind ein Vulkan, den man gar nicht sieht: Bei den Phlegräischen Feldern nur wenige Kilometer westlich des Millionenballungsraums Neapel handelt es sich um einen Vulkankessel (im Fachjargon Caldera), der sich über einem Supervulkan gebildet hat. Der "Deckel" dieses Kessels hebt sich seit einigen Monaten immer schneller an: Heiße Gase und Wasserdampf drücken die Oberfläche der Caldera mit ungeheurem Druck nach oben – inzwischen um 15 Millimeter pro Monat. Dies erzeugt enorme Spannungen in der Erdkruste, die sich in täglich Dutzenden Erbeben entladen.
Ein plötzlicher Ausbruch des Supervulkans hätte verheerende Folgen – in erster Linie für die Hunderttausenden Menschen, die auf und rund um die Caldera leben, aber wegen der gigantischen Aschewolke auch auf Europa und das Weltklima. Zwar gibt es laut den Fachleuten des INGV im Moment keine Anzeichen dafür, dass ein Ausbruch unmittelbar bevorstehen könnte, aber neue geologische Untersuchungen kamen zum Schluss, dass die Lage bedrohlicher sein könnte als zunächst angenommen: Einiges deutet nämlich darauf hin, dass unter der Erdoberfläche nicht nur Gase und Wasserdampf aufsteigen, sondern auch Magma. Und dies wäre laut den Vulkanologen in der Tat alarmierend.