Ein Sprecher des NRW-Finanzministeriums sagte, erfahrungsgemäß würden Fristen oft möglichst weit ausgenutzt.
Mitte Oktober hatten die Länder wegen des schleppenden Eingangs der neuen Grundsteuererklärungen bei den Finanzbehörden die Abgabefrist von Ende Oktober auf Ende Januar 2023 verlängert. Eine erneute Fristverlängerung gibt es nicht. Niedersachsens Finanzminister Gerald Heere (Grüne) etwa sagte, dies sei nicht möglich. Die Finanzverwaltung müsse bis Ende 2023 den Großteil der Grundstücke bewerten, damit den Gemeinden rechtzeitig die notwendigen Grundlagen für die Erhebung der Grundsteuern ab 2025 vorliegen. Aus dem NRW-Finanzministerium hieß es, im Falle einer Verlängerung der Abgabefrist wäre das Grundsteueraufkommen der Städte und Gemeinden zum 1. Januar 2025 gefährdet. Für die Finanzämter sei die noch zur Verfügung stehende Zeit zur Feststellung der Grundsteuerwerte knapp bemessen.
"Fakt ist, dass die Finanzverwaltung wegen der Grundsteuerreform und den Entlastungspaketen am Limit ist", sagte Florian Köbler, Bundesvorsitzender der Deutschen Steuer-Gewerkschaft. "Jede nicht abgegebene Erklärung verursacht Mehrarbeit und hält das Personal ab, das zu tun, wofür sie eigentlich da sind: Für Steuergerechtigkeit und faire Wettbewerbsbedingungen zu sorgen."
Mit Ablauf der Frist werden die Finanzämter zunächst Erinnerungsschreiben verschicken, wie etwa die schleswig-holsteinische Finanzministerin Monika Heinold (Grüne) sagte. Die Finanzverwaltung habe dann aber auch die Möglichkeit, Verspätungszuschläge und Zwangsgelder zu erheben sowie Schätzungen vorzunehmen. Das bayerische Finanzministerium erklärte, die Finanzverwaltung werde bei Verspätungszuschlägen oder schlussendlich auch Schätzungen berücksichtigen, dass es sich bei der Grundsteuer um "neues Recht" handle. Der Bund der Steuerzahler erklärte, jeder Bürger könne eine Verlängerung inklusive Begründung bei seinem Finanzamt individuell beantragen.
Ab 2025 soll die neue Grundsteuer-Berechnung gelten. Das hatte das Bundesverfassungsgericht gefordert, denn zuletzt kalkulierten die Finanzämter den Wert einer Immobilie auf Grundlage völlig veralteter Daten, von 1935 in Ostdeutschland und von 1964 in Westdeutschland. Für die Neuberechnung müssen jetzt fast 36 Millionen Grundstücke neu bewertet werden. Die Steuerbehörden brauchen von allen Eigentümern Daten, selbst wenn sie nur einen Kleingarten besitzen. Meist geht es um die Grundstücks- und Wohnfläche, die Art des Gebäudes, Baujahre und den sogenannten Bodenrichtwert.
Für die Kommunen ist die Grundsteuer eine der wichtigsten Einnahmequellen. Sie ist eine jährliche Steuer auf den Besitz von Grundstücken und Gebäuden - doch ein Vermieter kann sie über die Nebenkostenabrechnung auch auf die Mieter umlegen. Bei den meisten Wohnungseigentümern geht es um einige Hundert Euro im Jahr, bei Eigentümern von Mietshäusern dagegen oft um vierstellige Beträge. Wie viel Grundsteuer die einzelnen Eigentümer ab 2025 tatsächlich zahlen müssen, wird noch eine Weile offenbleiben. Denn das hängt entscheidend von den sogenannten Hebesätzen der Gemeinden ab. Die "Musik" bei der Grundsteuer spiele bei den Kommunen, sagte Köbler. "Ich erinnere in diesem Zusammenhang gerne an die Versprechen der Gemeinden, dass es im Zuge der Grundsteuerreform zu keinen gravierenden Mehrbelastungen für die Bürgerinnen und Bürger kommen soll."
Die Besitzer von Grundstücken, Häusern und Wohnungen können die Erklärung seit dem 1. Juli 2022 online abgeben. Kurz nach dem Start gab es technische Schwierigkeiten: Vorübergehend war die Steuersoftware "Elster" lahmgelegt, weil viele Bürger gleichzeitig die Grundsteuer-Seite aufrufen wollten. Auch die Behörden-Steuersprache in den Erklärungen erleichtert die Sache nicht. Die neue Grundsteuer sei sehr kompliziert, kritisierte der Bund der Steuerzahler. "Weil die erforderlichen Angaben vom Grundsteuer-Modell der Länder abhängen, hatte sich schon früh ein Wirrwarr angekündigt: In der Regel handelt es sich um Flurstücknummern, amtliche Flächen, Gemeindenamen, Gemarkungsnummern, um Bodenrichtwerte und die Wohnflächen-Größe. Hier drohte den Eigentümern von Anfang an eine XXL-Bürokratie."
Von einem "Kommunikations- und Technik-Desaster" sprach Sibylle Barent, Leiterin Steuer- und Finanzpolitik beim Eigentümerverband Haus & Grund. "Wichtig wäre gewesen, den Steuerzahler nicht unnötig mit dem Zusammenpuzzeln von Angaben zu belasten, die größtenteils in den Behörden schon vorhanden sind. Daraus sollte man für künftige Erhebungen lernen." Es sollte großzügig mit Verspätungszuschlägen und Erinnerungsschreiben umgegangen werden. "Alles andere wäre den Bürgern gegenüber unfair." Viele Eigentümer hätten sich noch nie oder lange nicht mit der Grundsteuer beschäftigen müssen, so Barent. Sie erwartet, dass die Grundsteuerwerte oft deutlich ansteigen werden.
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