Laut Danilow handelt es sich nicht um eine außerplanmäßige Maßnahme. Die Mobilmachung laufe seit eineinhalb Jahren, mehrere Etappen seien bereits durchlaufen worden. "Man muss deswegen keinen Lärm schlagen, alles läuft nach dem Plan, den wir derzeit verfolgen", sagte der Kiewer Top-Beamte.
Nach Beginn der russischen Invasion hat die Ukraine das Kriegsrecht ausgerufen. Alle Männer im Alter zwischen 18 und 60 Jahren sind daher grundsätzlich zum Wehrdienst verpflichtet und können einberufen werden - es sei denn, sie sind aus gesundheitlichen oder sozialen Gründen, etwa als alleinerziehende Väter, vom Dienst befreit. Die genaue Anzahl der bisher Einberufenen ist nicht bekannt. Vor einem Jahr bezifferte Vizeverteidigungsministerin Hanna Maljar die Anzahl bereits auf mehrere Hunderttausend. Wegen der Verluste an der Front müssen immer wieder neue Rekruten ausgebildet und in den Kampf geschickt werden.
Auf die anhaltenden Kämpfe an der Front ging Präsident Selenskyj in seiner abendlichen Ansprache nur am Rande ein. Er dankte den Soldaten für ihren Einsatzwillen an den verschiedenen Gefechtsabschnitten, wobei er die Kämpfe um Bachmut im Osten der Ukraine und nahe der Ortschaft Robotyne im Süden des Landes hervorhob. Details zu Entwicklungen an der Front gab er aber nicht bekannt. Der Generalstab sprach von weiteren Fortschritten in Richtung der Großstadt Melitopol - gemeint ist damit ebenfalls der Frontabschnitt bei Robotyne, wo die ukrainischen Soldaten nun neue Linien befestigten. Konkretere Aussagen machte aber auch das Militär nicht.
Nach Einschätzung britischer Militärexperten könnte Russland seine Angriffe im Raum östlich der Städte Kupjansk und Lyman im Nordosten der Ukraine verstärken. Die ukrainische Gegenoffensive habe russische Streitkräfte im östlichen Bachmut und in der Südukraine unter Druck gesetzt, schrieb das Verteidigungsministerium in London. Russland habe aber kleinere Angriffe im Nordosten im Sektor Kupjansk-Lyman fortgesetzt und dort begrenzte, lokale Fortschritte erzielt. Während die Ukraine im Süden weiterhin allmählich an Land gewinne, könnte Russland nach britischer Einschätzung versuchen, die Initiative wiederzuerlangen, indem es auf eine "Offensive auf operationaler Ebene" zurückschwenke.
"Kupjansk-Lyman ist eine mögliche Gegend dafür", schrieben die Briten in ihrem täglichen Update beim Kurznachrichtendienst X. Möglich wäre demnach, dass Russland die Intensität seiner Offensivbemühungen auf der Achse Kupjansk-Lyman in den nächsten beiden Monaten verstärke - "wahrscheinlich mit dem Ziel, nach Westen bis zum Fluss Oksil vorzudringen und eine Pufferzone um die Gegend Luhansk zu schaffen." Die Ukraine hatte die von Russen besetzte Stadt Kupjansk im Gebiet Charkiw im vergangenen Jahr befreit. Die Stadt und das Umland wurden danach immer wieder Ziel des russischen Beschusses.
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