Die Dokumentenaffäre hält die USA seit Monaten in Atem und hat auch US-Präsident Joe Biden erreicht. In den vergangenen Wochen tauchten in privaten Räumen des Demokraten Dokumente mit vertraulicher Kennzeichnung aus seiner Zeit als Vizepräsident unter Barack Obama auf. Funde bei dessen Nachfolger Trump hatten bereits im Sommer Aufsehen erregt. Beide Fälle werden mittlerweile von Sonderermittlern untersucht. Schließlich musste auch Pence vergangenen Monat eingestehen, dass in seinem Privathaus geheime Dokumente aus seiner Zeit als Vize aufgetaucht sind.
Der Republikaner Trump hatte bei seinem Auszug aus dem Weißen Haus große Mengen an Regierungsdokumenten mit in sein privates Anwesen Mar-a-Lago im Bundesstaat Florida genommen, darunter etliche Dokumente mit höchster Geheimhaltungsstufe. Die Bundespolizei FBI durchsuchte das Anwesen im August und beschlagnahmte diverse Verschlusssachen. Zuvor hatte das Nationalarchiv Trump mehrfach aufgefordert, die Dokumente zurückzugeben. Berichten zufolge soll die Justiz nach der Durchsuchung vergeblich eine Zusicherung von Trumps Anwälten gefordert haben, dass sich nun keine Verschlusssachen mehr im Besitz des früheren Präsidenten befänden. Der Sender ABC schrieb, dass Trumps Team sich daraufhin auf die Suche nach weiteren Dokumenten gemacht habe und fündig geworden sei. Demnach wurde nun auch der Laptop eines Mitarbeiters übergeben, auf den geheimes Material überspielt worden sei. Während bei ABC neben dem Laptop lediglich von einem mutmaßlich leeren Ordner mit Verschlussmarkierung die Rede war, hieß es bei CNN, auch weitere Geheimdokumente seien bei Trump gefunden und übergeben worden.
Bei der Durchsuchung im August hatten die Ermittler bereits Dutzende leere Aktenordner mit Verschlussmarkierung beschlagnahmt. Trump sagte, er habe die Ordner als Andenken aus dem Weißen Haus mitgenommen. Anders als bei Pence und bei Biden, dessen zwei Anwesen ebenfalls von Ermittlern durchkämmt wurden, war die Durchsuchung bei Trump vorher nicht mit dem Justizministerium abgesprochen worden. Pence hatte der Durchsuchung seines Anwesens im Bundesstaat Indiana am Freitag vorab zugestimmt, wie sein Berater Devin O'Malley am Freitag erneut deutlich machte.
Bei der Durchsuchung seien neben einem Dokument, das als Verschlusssache markiert sei, sechs weitere Seiten Regierungsmaterial ohne eine solche Markierung gefunden worden, zitierten US-Medien O'Malley. Bereits seit Ende Januar ist bekannt, dass im Haus des 63-jährigen Republikaners Pence in Carmel geheime Akten aus seiner früheren Amtszeit gefunden wurden. Entdeckt habe die Dokumente damals ein Anwalt, hieß es. Sie seien dann von der Bundespolizei abgeholt worden.
Pence sagte später dazu: «Mir war zwar nicht bewusst, dass sich diese Verschlusssachen in unserem Privathaus befanden, aber lassen Sie mich eines klarstellen: Diese Verschlusssachen hätten dort nicht sein dürfen.» Die nun durchgeführte Durchsuchung soll fünf Stunden gedauert haben. Pence war Berichten zufolge nicht anwesend, aber einer seiner Mitarbeiter. Der Republikaner war von 2017 bis 2021 die Nummer zwei im Staat unter Trump. Es wird erwartet, dass er sich wie sein früherer Chef um die Kandidatur für das Präsidentenamt bei den Republikanern bewirbt. Trump hat seine Kandidatur bereits im November bekanntgegeben. Gewählt wird Ende 2024.
Trump wirft der Justiz vor, ihre Ermittlungen gegen ihn seien politisch motiviert. Sonderermittler Jack Smith untersucht nicht nur Trumps Dokumentenaffäre, sondern auch die Rolle des Republikaners bei der Attacke auf das US-Kapitol am 6. Januar 2021.
Im Zuge dieser Untersuchung soll Sonderermittler Smith laut Medienberichten auch Pence vorgeladen haben. Pence solle eine Aussage machen, auch Dokumente seien angefordert worden, hieß es. Der Sonderermittler sei besonders am Austausch zwischen Trump und Pence rund um die Erstürmung des Parlaments und die Präsidentschaftswahl 2020 interessiert, von der Trump bis heute fälschlicherweise behauptet, er sei durch Betrug um den Sieg gebracht worden. Pence könnte sich dabei auf das Exekutivprivileg berufen - also das Vorrecht der Regierung, gewisse Informationen geheimzuhalten.
Pence entging während der Kapitol-Attacke nur knapp der Gewalt des wütenden Mobs, den Trump zuvor auch gegen seinen damaligen Vize aufgestachelt hatte. Der Kongress war damals zusammengekommen, um den Wahlsieg von Trumps demokratischem Herausforderer Biden formal zu bestätigen. Die gewalttätige Menge wollte das verhindern. Pence leitete damals in seiner Rolle als Vizepräsident die Kongresssitzung - rechtlich eine rein zeremonielle Aufgabe. Trump hatte seinen Vize zuvor aber unverhohlen öffentlich aufgerufen, das Prozedere zu blockieren - um so die Amtsübergabe zu verhindern. Pence weigerte sich damals, Trumps Druck nachzugeben. Der erzkonservative Politiker hatte zuvor lange loyal zu Trump gehalten. Erst nach der Attacke auf das Kapitol stellte er sich gegen seinen ehemaligen Chef.
agenturenj/pclmedia