Die türkische LGBTQ+-Gemeinschaft befürchtet weiteren Druck, nachdem der konservative Präsident Recep Tayyip Erdoğan im Mai die Abstimmung über die Verlängerung seiner Herrschaft bis 2028 gewonnen hat. Die diesjährige Kundgebung endete früher als erwartet, ohne dass es zu Zusammenstößen auf der Straße oder Polizeigewalt kam. Protestierenden Gruppen zufolge wurden mehr als 40 Aktivisten festgenommen. Die Polizei erhöhte die Sicherheit am und um den Taksim-Platz.
Erol Önderoğlu von Reporter ohne Grenzen kritisierte die Polizeiblockade von Journalisten bei fast jeder gesellschaftlichen Veranstaltung rund um den Platz. "Die Realität ist, dass die Rechte von Journalisten willkürlich verletzt werden", twitterte er. Erdogan beschuldigte die größte Oppositionspartei der Türkei, CHP und ihre Verbündeten, sich vor und nach den Wahlen für LGBTQ+ einzusetzen, und versprach seinen Anhängern, dass die LGBTQ+-Gemeinschaft seiner islamisch verwurzelten Partei niemals beitreten werde.
"Durch die Verschärfung der Anti-LGBTI-Rhetorik hat die Regierung dazu beigetragen, Vorurteile zu schüren und Anti-LGBTI-Gruppen in der Türkei zu ermutigen, von denen einige zu Gewalt gegen LGBTI-Gemeinschaften aufgerufen haben", warnte Nils Muižnieks, Direktor von Amnesty International Europe, am Freitag. "Unter dem Vorwand, Familienwerte zu schützen, verweigern die Behörden LGBTI-Personen das Recht auf ein freies Leben", sagte er.
dp/fa