Es sei eines der aggressivsten Manöver der chinesischen Geheimdienste seit Jahren, schrieb das "Wall Street Journal". Der Vorfall ereignete sich kurz vor dem China-Besuch von Antony Blinken, der am Sonntag zur ersten Visite eines US-Außenministers seit Oktober 2018 in Peking erwartet wird. Die Beziehungen sind ohnehin schon angespannt.
Bereits am Mittwoch sei der Ballon über dem nordwestlichen Bundesstaat Montana entdeckt worden, teilte Pentagonsprecher Pat Ryder am Donnerstag in Washington mit. Seine Flugbahn werde genau verfolgt. Dazu seien auch F-22-Kampfjets eingesetzt worden, hieß es in der "New York Times". Der Flugverkehr in Montanas größter Stadt Billings sei daher vorübergehend eingestellt worden.
Es sei erwogen worden, den Ballon abzuschießen, hieß es aus dem Pentagon. Wegen der von herabfallenden Trümmern ausgehenden Gefahr habe die Regierung sich aber dagegen entschieden. Nach der Entdeckung seien Maßnahmen ergriffen worden, um sensible Informationen zu schützen.
Auf einem Stützpunkt der US-Luftwaffe in Montana lagern nach Angaben des "Wall Street Journal" 150 mit Atomsprengköpfen bestückte Interkontinentalraketen vom Typ Minuteman III. Die Spionagesysteme des Ballons würden nur einen "begrenzten Mehrwert" im Vergleich zu Informationen liefern, die China mit Satelliten sammeln könne.
Man sei sich sicher, dass der Ballon aus China stamme, hieß es aus dem Pentagon. Schon in der Vergangenheit habe es ähnliche Vorfälle gegeben. Der Unterschied sei diesmal, dass sich der Ballon länger als sonst über den USA aufhalte. Der Ballon stelle keine militärische Bedrohung oder Gefahr für Menschen am Boden dar. Auch für Flugzeuge sei der Ballon aufgrund seiner großen Flughöhe ungefährlich, hieß es. Die USA stünden mit China bezüglich des Vorfalls in Kontakt.
Der republikanische Vorsitzende des Repräsentantenhauses, Kevin McCarthy, sprach hingegen in einem Tweet von einer "dreisten Missachtung der US-Souveränität". US-Präsident Joe Biden dürfe zu dieser "destabilisierenden Aktion" nicht schweigen, forderte er.
Von wo der Ballon gestartet war, war nicht bekannt. Der Ballon sei zuvor über der größtenteils zu Alaska gehörenden Inselgruppe der Aleuten und dann über dem nördlich von Montana angrenzenden Kanada gesichtet worden, berichteten US-Medien. Er bewege sich in Richtung Südosten und werde sich möglicherweise noch mehrere Tage über den USA befinden. Die Kanadier seien in Sicherheit, hieß es aus dem Verteidigungsministerium des US-Nachbarstaates. Mit den USA ergriffen kanadische Geheimdienste "alle notwendigen Maßnahmen", um sensible Informationen vor ausländischen Geheimdiensten zu schützen.
Außenminister Blinken wird am Sonntag und Montag zu Gesprächen in Peking erwartet und soll dort nach Angaben der "New York Times" auch Staatschef Xi Jinping treffen. Streitpunkte sind Chinas Rückendeckung für Russlands Angriffskrieg in der Ukraine, seine Drohungen gegen Taiwan, die umstrittenen Ansprüche Pekings im Südchinesischen Meer, der Handelskrieg und amerikanische Exportkontrollen für Hochtechnologie. China wirft den USA vor, seinen Aufstieg eindämmen zu wollen und einen neuen Kalten Krieg zu verfolgen.
Pekings Außenamtssprecherin forderte die USA auch auf, sich aus dem Konflikt um Taiwan heraushalten. Die kommunistische Führung betrachtet die demokratische Inselrepublik als Teil Chinas und droht mit einer Eroberung. Taiwan hingegen sieht sich längst als unabhängig an. Die USA haben sich der Verteidigungsfähigkeit der Insel verpflichtet, liefern Waffen und lehnen wie die Bundesregierung jede gewaltsame Veränderung des Status quo als inakzeptabel ab.
Mao Ning reagierte auf Warnungen von CIA-Direktor William Burns, die Entschlossenheit von Präsident Xi Jinping zu einem Militäreinsatz nicht zu unterschätzen. Taiwan sei allein eine "innere Angelegenheit Chinas", sagte die Sprecherin. Der CIA-Direktor hatte gesagt, die USA wüssten, dass Xi Jinping sein Militär angewiesen habe, bis 2027 für eine Invasion der demokratischen Inselrepublik bereit zu sein. Dass heiße nicht, dass er sich zu einer Eroberung in dem Jahr entschieden habe, aber erinnere daran, wie ernst er es damit meine.
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