Niemand habe von der Ukraine erwartet, dass sie die russische Flotte aus ihren Schwarzmeergewässern verdrängen und so mehr Routen für Getreidelieferungen habe schaffen können, sagte Selenskyj. Lebensmittelexporte aus der Ukraine hätten unter anderem Algerien, Dschibuti, Ägypten, Kenia, Libyen, Libanon, Marokko, Somalia, Tunesien und Bangladesch erreicht. "Wir haben es geschafft, und nichts hindert uns daran, weitaus ehrgeizigere Ziele zu erreichen."
Die Ukraine schlage Maßnahmen vor, um Unruhen auf dem globalen Lebensmittelmarkt zu verhindern, sagte Selenskyj. So könne man Umschlagplätze für Millionen Tonnen Getreide pro Jahr errichten - die Ukraine verhandele derzeit darüber. "Die Welt verfügt über alle notwendigen Ressourcen, um alle Probleme zu lösen und gleichzeitig die globale Entwicklung voranzutreiben", sagte Selenskyj. "Nicht reden. Nicht warten. Taten verändern die Welt", rief der Präsident.
Russland hat die ukrainischen Schwarzmeerhäfen im Zuge seines Angriffskriegs blockiert. Eine internationale Vereinbarung für die Ausfuhr ukrainischer Agrarexporte aus insgesamt drei Häfen - darunter Tschornomorsk - verlängerten die Russen im Juli nicht. Die Ukraine richtete daraufhin einen temporären Korridor für zivile Schiffe ein, der auf eigenes Risiko genutzt werden kann.
So hatte etwa im Laufe des Tages das zivile Frachtschiff "Resilient Africa" trotz der russischen Seeblockade den ukrainischen Schwarzmeerhafen Tschornomorsk verlassen. Der Frachter transportiere 3000 Tonnen Weizen, schrieb der ukrainische Vize-Ministerpräsident Olexander Kubrakow auf der Plattform X, ehemals Twitter.
In Bulgarien haben Landwirte unterdessen den zweiten Tag in Folge gegen neue Getreideimporte aus der Ukraine protestiert. Die Agrarerzeuger forderten in Sofia, dass die prowestliche Regierung Importbeschränkungen für Weizen, Sonnenblumenkerne, Mais und Raps fortsetzt, ähnlich wie Polen, Ungarn und die Slowakei. Die Regierung in Sofia hatte die Beschränkungen in der Vorwoche aufgehoben. Bulgarische Erzeuger fürchten die Konkurrenz aus der Ukraine. Demonstranten forderten auch einen Importstopp für Obst, Gemüse, Milch, Fleisch und Honig.
Landwirte kamen mit ihren Agrarmaschinen nach Sofia, die sie zunächst am Stadtrand parkten. Sie drohten, mit ihren Maschinen am Mittwoch die Innenstadt zu blockieren, sollte die Regierung ihre Forderungen ablehnen. Auch Bergarbeiter protestierten in Sofia. Vor dem Regierungssitz forderten mehrere Tausend Bergarbeiter und Mitarbeiter von Kohlekraftwerken aus den drei Kohlegebieten des Landes Klarheit über die Energiewende und die Auflagen des EU-Wiederaufbauplans für das Land.
Ministerpräsident Nikolaj Denkow sicherte bei einem Treffen mit Gewerkschaftsvertretern unter anderem zu, dass die Arbeitsplätze in dem Sektor bis 2038 erhalten blieben. Ein entsprechendes Abkommen soll bis Ende September unterzeichnet werden.
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