Ungarn und die Türkei blockierten jedoch die Erweiterung um Schweden bisher. Beide Staaten unterhalten trotz der Invasion gute Beziehungen zu Russland und stehen den Sanktionen des Westens kritisch gegenüber. Ankara gab die Blockade nach mehr als anderthalb Jahren politischen Tauziehens diese Woche auf. Im nächsten Schritt muss die Türkei den Aufnahmeregeln folgend noch das US-Außenministerium über die Annahme informieren. Dies gilt als Formsache.
Die finale türkische Zustimmung wurde in Stockholm mit Wohlwollen aufgenommen. "Wir heißen die Ratifizierung von Schwedens Nato-Beitritt durch die Türkei willkommen", erklärte der schwedische Ministerpräsident Ulf Kristersson auf der Online-Plattform X. "Wir haben nun einen entscheidenden Meilenstein auf dem Weg zu einer vollwertigen Mitgliedschaft in der Nato erreicht."
Doch einen weiteren gilt es zu gewinnen, nämlich Ungarn. Nach der Zustimmung der Türkei hat Ungarns Regierungschef Orban zugesagt, die lange herausgezögerte Ratifizierung seines Landes voranzutreiben. Er werde das Parlament drängen, baldmöglichst darüber abzustimmen. Wann eine Abstimmung darüber stattfinden könnte, blieb aber offen.
Orban lud Kristersson zu einem Besuch in Ungarn ein, um über den Beitritt zur Nato "zu verhandeln". Schwedens Regierungschef stellte Orban zunächst ein Treffen in Brüssel in Aussicht. "Ich freue mich darauf, all diese Angelegenheiten näher mit Ihnen in Budapest zu einem für uns beide günstigen Zeitpunkt zu diskutieren", schrieb Kristersson. "Wir werden auch eine Gelegenheit haben, uns am 1. Februar beim wichtigen Europäischen Rat in Brüssel zu treffen." Orban hatte der Nato zum wiederholten Mal versichert, dass sein Land einem Beitritt Schwedens nicht im Wege stehen will.
"Die ungarische Regierung unterstützt die Nato-Mitgliedschaft Schwedens", schrieb Orban am Mittwoch auf dem Kurzbotschaftendienst X (vormals Twitter). Das habe er Generalsekretär Jens Stoltenberg erneut in einem Telefonat gesagt. "Wir werden weiterhin die ungarische Nationalversammlung drängen, Schwedens Beitritt zuzustimmen und die Ratifizierung bei erstmöglicher Gelegenheit abzuschließen", erklärte Orban. Stoltenberg begrüßte dies. Er hoffe nun auf die Ratifizierung in Budapest, "sobald das Parlament wieder zusammentritt". Die ungarischen Abgeordneten sind noch bis Ende Januar in der Sitzungspause.
Was den türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan nun zu der Zustimmung bewegt hat, blieb unklar. Die Türkei hatte ihre Blockadehaltung ursprünglich mit einem aus ihrer Sicht unzureichenden Einsatz des Landes gegen "Terrororganisationen" begründet. Dabei ging es Ankara vor allem um die verbotene kurdische Arbeiterpartei PKK und die syrische Kurdenmiliz YPG. Schweden reagierte etwa mit einer verschärften Terrorgesetzgebung. Zuletzt hatte Erdogan die Zustimmung seines Landes dann öffentlich an Kampfjetlieferungen aus den USA geknüpft. Den Verkauf will die US-Regierung jetzt vorantreiben.
Präsident Joe Biden habe die Vorsitzenden wichtiger Ausschüsse im Kongress in einem Schreiben darüber in Kenntnis gesetzt, dass er beabsichtige, das Parlament offiziell über den Verkauf von F-16 an den Nato-Partner zu informieren, sobald die Türkei die Ratifizierung der schwedischen Nato-Beitrittsprotokolle abgeschlossen hat. Das bestätigte ein Vertreter der US-Regierung der dpa in Washington am Donnerstag. In dem Brief habe Biden die Kongressmitglieder dazu aufgefordert, den Verkauf der F-16 unverzüglich voranzutreiben.
Oppositionspolitiker in Ankara sehen das Ja Erdogans nun als strategischen Schritt. Erdogan wolle den Kampfjetdeal noch vor den Kommunalwahlen Ende März unter Dach und Fach bringen, um ihn den Wählern als Verhandlungserfolg verkaufen zu können.