"Wir schützen in Deutschland viele Geflüchtete aus Afghanistan vor der Unterdrückungsherrschaft der Taliban. Deshalb haben Taliban-Funktionäre absolut nichts zu suchen in Deutschland." Die zuständigen Behörden gingen dem Fall intensiv nach. Vom Dachverband Ditib, dem die Kölner Moschee angehört, erwarte man "eine vollständige und sehr schnelle Aufklärung, wie es zu dem Auftritt in Köln kommen konnte".
Der Dachverband Ditib, dem die Moschee angehört, hatte sich von dem Auftritt in dem Gebetshaus im Stadtteil Chorweiler am Donnerstag distanziert. Ein Kulturverein habe die als religiös angekündigte Veranstaltung organisiert und sich dabei nicht an eine vertragliche Vereinbarung gehalten. Der "Afghanische Kulturverein Köln Meschenich" selbst erklärte, nicht an der Veranstaltung beteiligt gewesen zu sein, der Vereinsname sei missbräuchlich verwendet worden.
Ein ranghoher Funktionär der Taliban in Afghanistan, Abdulbari Omar, war am Donnerstag in der Ditib-Moschee in Köln-Chorweiler aufgetreten. Entsprechende Informationen wurden in Sicherheitskreisen bestätigt. Sie sind auch durch einschlägige, bei Instagram kursierende Fotos belegt.
Bei dem Treffen soll Omar, der zumindest bis zum vorigen Jahr stellvertretender Gesundheitsminister des Landes war, Berichten zufolge gesagt haben, dass in Afghanistan Sicherheit herrsche und der Wiederaufbauprozess des Landes in vollem Gange sei. Die Ditib (Türkisch-Islamische Union der Anstalt für Religion) untersteht der türkischen Religionsbehörde Diyanet und übt in dieser Funktion Kontrolle im Sinne des türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aus.
Wie Omar nach Deutschland gelangen konnte, ist unklar. Laut Sicherheitskreisen sind die Taliban in Deutschland aber nicht verboten, weil sie hierzulande keine Struktur haben. Und seit ihrer abermaligen Machtübernahme im Sommer 2021 würden sie vom Generalbundesanwalt auch nicht mehr als Terrororganisation angesehen, heißt es.
Die Radikalislamisten regierten in Afghanistan bis 2001 und wurden nach den Anschlägen vom 11. September jenes Jahres in New York und Washington durch eine von den USA geführte Militärkoalition gestürzt. Nach einem jahrelangen Krieg und dem Rückzug der westlichen Truppen gelangten sie vor zwei Jahren dann wieder an die Macht – und dies überraschend schnell.
Die Kölner CDU-Bundestagsabgeordnete Serap Güler, die Mitglied in der Enquete-Kommission des Parlaments zur Aufarbeitung des Afghanistan-Einsatzes ist, sagte: "Dieser Besuch macht fassungslos. Ich erwarte hier von der Ditib-Zentrale umgehend eine Klärung, wie dieser Besuch zu Stande kam und ob sie davon wusste, dass die Gemeinde in Chorweiler einen Taliban-Vertreter eingeladen beziehungsweise empfangen und mit ihm eine Veranstaltung gemacht hat. Das ist mit nichts zu rechtfertigen."
Das Bundesinnenministerium hatte nach Angaben eines Sprechers vorab keine Kenntnis von dem Auftritt. Man habe die öffentlichen Äußerungen der Ditib dazu zur Kenntnis genommen und werde dort auf weitere Klärung dringen, sagte er. "Alles Weitere im Zusammenhang mit dem Auftritt ist Gegenstand laufender Prüfungen."