"Die Krankenhäuser stehen kurz vor einem Gesamtdefizit von zehn Milliarden Euro", warnte der Präsident der leitenden Krankenhausärztinnen und -ärzte (VLK), Michael Weber. Immer mehr Kliniken hätten angesichts der sich weiter verschlechternden Finanzlage keine Perspektiven für Planung und Investitionen mehr. Als Folge sei die flächendeckende Versorgung von Patienten gefährdet. "Es muss jetzt gehandelt und nicht auf Reformen verwiesen werden, die, wenn überhaupt, erst in einigen Jahren greifen", sagte Weber mit Blick auf die vom Bund angestrebte Krankenhausreform.
Laut einer Umfrage bewerten zwei Drittel der Allgemeinkrankenhäuser ihre aktuelle wirtschaftliche Lage als schlecht oder sehr schlecht. Aufgrund dessen erwarteten 42 Prozent der Allgemeinkrankenhäuser, ihr Leistungsangebot in den nächsten sechs Monaten reduzieren zu müssen, teilte das Deutsche Krankenhausinstitut mit. 23 Prozent gingen von Einschränkungen beim Leistungsumfang etwa durch das Verschieben planbarer Operationen aus. In jedem zweiten Krankenhaus drohe ein Personalabbau. 60 Prozent der Krankenhäuser könnten die Zahlungen für das Weihnachtsgeld nicht aus den normalen betrieblichen Einnahmen refinanzieren, benötigten dafür Zuschüsse oder Kredite.
Vor diesem Hintergrund fordern die Kliniken als Mindestunterstützung einen vollen Inflationsausgleich, um die Lücke zwischen Einnahmen und Ausgaben zu schließen, wie der Präsident der Deutschen Krankenhausgesellschaft (DKG), Ingo Morell, betonte.
Er verwies auf eine Umfrage des Deutschen Krankenhausinstituts (DKI), der zufolge 90 Prozent der Kliniken die inflationsbedingten Teuerungen noch vor dem Fachkräftemangel aus Hauptproblem für ihre Existenz nennen. An der Befragung haben den Angaben zufolge von rund 1.500 Einrichtungen 489 teilgenommen - dazu zählen Allgemeinkrankenhäuser ab 50 Betten und psychiatrische sowie psychosomatische Fachkliniken.
Auch der Präsident des Verbandes der Krankenhausdirektoren Deutschlands, Josef Düllings, sprach von einem aktuellen Desaster mit zunehmenden Insolvenzen bedarfsnotwendiger Krankenhäuser. Nach der Corona-Pandemie, einer hohen Inflation, Tariferhöhungen und einer seit Jahrzehnten zu niedrigen Investitionsförderung treffe es viele Häuser besonders hart. Und dies sei kein Managementversagen, betonte er.
Bundesgesundheitsminister Karl Lauterbach (SPD) hält ein großes Krankenhaussterben trotz Kostensteigerungen und etlicher Insolvenzfälle in Deutschland allerdings für unwahrscheinlich. "Ich glaube nicht, dass 2024 das Jahr des Krankenhaussterbens sein wird. Das halte ich für ausgeschlossen", sagte Lauterbach am Montag, der online zum Deutschen Krankenhaustag in Düsseldorf zugeschaltet war. Die Zahl der Krankenhäuser, die als Standorte ausscheiden werden, wird nach seiner Einschätzung überschaubar sein.
Lauterbach verwies darauf, dass der Bund bis zum Frühjahr 2024 noch einmal 3,2 Milliarden Euro an Energiehilfen bereitstellen werde. Außerdem würden den Krankenhäusern laut den Planungen 6 Milliarden Euro für die Pflege zusätzlich zufließen. Die Gesamtsumme beläuft sich damit laut Ministerium auf mehr als 9 Milliarden Euro.
Der Bundesminister sprach von einem Bündel von Gesetzen, an denen auch zusammen mit den Bundesländern gearbeitet werde. "Wir machen nichts gegen die Länder", sagte er. Mit der Krankenhausreform solle ein unsystematisches Krankenhaussterben abgewendet werden.