Die Ausweitung der israelischen Bodeneinsätze erschwere zudem Vermittlungsbemühungen Katars zur Freilassung der über 220 Geiseln, erklärte der Außenminister des Golfemirats, das enge Verbindungen zur Hamas pflegt. Die massiven Luftangriffe der vergangenen Wochen hätten der Hamas einen "schweren Schlag" versetzt, sagte Israels Ministerpräsident Benjamin Netanjahu am Samstagabend in Tel Aviv. "Allerdings stehen wir erst am Anfang", betonte er. Der Krieg werde "schwierig und langwierig". Ziel sei es, die militärischen Fähigkeiten der Hamas zu zerstören, ihre Herrschaft über den Gazastreifen zu beenden und die Geiseln zurückzubringen.
Katar und Ägypten sind als Vermittler an den Bemühungen beteiligt, die Freilassung der von palästinensischen Extremisten entführten Geiseln zu erwirken. Vor der Ausweitung der Bodeneinsätze in dem von Israel abgeriegelten Küstengebiet hatte es Berichte gegeben über angebliche Fortschritte bei diesen Bemühungen. Majed Al-Ansari, Sprecher des katarischen Außenministeriums, sagte dem US-Nachrichtensender CNN am Samstag jedoch, die Eskalation vor Ort mache die Situation nun "erheblich schwieriger".
Wie viele Geiseln genau im Gazastreifen gefangen gehalten werden, ist nicht zweifelsfrei geklärt. Bis Samstag wurden israelischen Armeeangaben zufolge die Familien von 230 Entführten informiert. Die vier von der Hamas bereits freigelassenen Geiseln sind nach Militärangaben darin nicht eingerechnet. Vertreter der Angehörigen forderten bei einem Treffen mit Ministerpräsident Netanjahu, im Austausch für die aus Israel entführten Geiseln alle palästinensischen Häftlinge aus israelischen Gefängnissen freizulassen.
Die israelische Armee rief unterdessen die noch im Norden des Gazastreifens verbliebenen Menschen erneut dringend auf, sich im Süden des dicht besiedelten Küstengebiets in Sicherheit zu bringen. Das "Zeitfenster" schließe sich schnell, hieß es. Die Armee kündigte am Samstag zudem an, sie werde eine Verstärkung der humanitären Hilfslieferungen für die palästinensische Bevölkerung zulassen. "Für die Einwohner des Gazastreifens, die in das Gebiet südlich von Wadi Gaza gegangen sind, weiten wir die humanitäre Hilfe aus", sagte Armeesprecher Hagari.
Hilfsorganisationen beklagten, dass der Ausfall fast aller Telefon- und Internetverbindungen die Hilfe noch schwieriger mache. Es herrsche Panik und Chaos. "Ich bin schockiert über das unerträgliche Ausmaß des menschlichen Leids und fordere die Konfliktparteien auf, jetzt zu deeskalieren", schrieb die IKRK-Chefin Mirjana Spoljaric auf X. Angemessene humanitäre Hilfe sei derzeit nicht möglich. "Das ist ein katastrophales Versagen, das die Welt nicht hinnehmen darf."
Saudi-Arabien verurteilte "jegliche Bodenoffensiven" Israels im Gazastreifen. Das islamische Königreich sprach von einem "eklatanten Bruch und einem ungerechtfertigten Verstoß gegen internationales Recht". Saudi-Arabien ist eine wichtige Schutzmacht der Palästinenser und war über Jahrzehnte mit Israel verfeindet. Vor Beginn des Gaza-Kriegs deutete vieles auf eine mögliche Normalisierung der Beziehungen unter Vermittlung der USA hin. Im Zuge des erneut eskalierten Konflikts hat Riad die Gespräche über eine mögliche Normalisierung gestoppt.
Wie das Nachrichtenportal "Axios" in der Nacht zum Sonntag unter Berufung auf nicht genannte Quellen berichtete, soll der saudische Verteidigungsminister Khalid bin Salman voraussichtlich am Montag zu Gesprächen mit ranghohen Vertretern der US-Regierung nach Washington reisen.
Palästinensische Extremisten schossen auch am Samstag wieder Raketen aus dem Gazastreifen auf israelische Städte. In israelischen Ortschaften im Grenzgebiet heulten mehrmals Warnsirenen. Auch im Großraum Tel Aviv gab es erneut Raketenalarm, ebenso in der Küstenstadt Aschkelon. Auch an Israels Grenze zum Libanon kam es wieder zu Gefechten. Mehrere Panzerabwehrraketen und Mörsergranaten seien vom Libanon aus auf Israel abgefeuert worden, teilte Israels Armee mit. Man habe zurückgeschossen und Stellungen der Hisbollah-Miliz angegriffen. Die Hisbollah ist wie die Hamas mit Israels Erzfeind Iran verbündet.
Trotz der Ausweitung des israelischen Militäreinsatzes im Gazastreifen gehen die Bemühungen zur Freilassung der von der Hamas verschleppten Geiseln weiter. Derweil wird die humanitäre Lage im Gazastreifen immer katastrophaler.