Eine Notstandsregierung gilt als politische Voraussetzung, um weitreichende militärische und politische Entscheidungen - wie eben eine militärisch riskante Bodenoffensive - zu treffen. Hamas-Terroristen hatten unter Zivilisten in Grenzorten und auf einem Musikfestival das schlimmste Blutbad in der israelischen Geschichte angerichtet. Auch am Mittwoch kämpfte Israels Armee im Süden weiter gegen Terroristen. In der Nähe des Kibbutz' Zikim hätten Soldaten drei Militante getötet, teilte Armeesprecher Daniel Hagari mit. Die israelischen Luftangriffe auf den dicht besiedelten Küstenstreifen gingen weiter.
Der Sprecher der israelischen Armee, Jonathan Conricus, betonte, die Kämpfe würden in den kommenden Tagen noch intensiver werden. Die Bilder aus dem Gazastreifen würden dann noch schwieriger zu verstehen und zu ertragen sein. Schon jetzt sind Aufnahmen von dem Leiden der Zivilbevölkerung und den massiven Zerstörungen durch israelische Luftangriffe in dem nur 40 Kilometer langen sowie zwischen sechs und zwölf Kilometer breiten Küstenstreifen zu sehen. Die Zahl der bei Luftangriffen Israels im Gazastreifen getöteten Palästinenser stieg auf mindestens 1100. Mehr als 5300 weitere Menschen seien verletzt worden, teilte das Gesundheitsministerium in Gaza mit.
Tage nach dem Überfall der Hamas-Terroristen werden immer neue Gräueltaten bekannt. In dem nur zwei Kilometer vom Grenzzaun entfernten Kibbutz Kfar Aza ermordeten Bewaffnete aus dem Küstenstreifen am Samstag nach offiziellen Angaben eine große Zahl der Bewohner, darunter auch Kinder, in ihren Häusern. Im Fernsehen waren grauenvolle Bilder zu sehen. Israelische Soldaten bargen aus den zum Teil niedergebrannten Wohnhäusern Leichen. Im Gelände lagen Leichen von Hamas-Terroristen, die erst bis Dienstagmorgen niedergekämpft werden konnten.
Die Zahl der in Israel getöteten US-Amerikaner stieg nach Angaben des Außenministeriums in Washington auf mindestens 22. Auch unter den vermutlich 150 Geiseln der Hamas sind US-Bürger. Nach Berichten unter anderem der BBC wurden mindestens 17 britische Staatsbürger getötet. Unter den Enführten sind auch mindestens fünf Deutsche. Eine Deutsche wurde getötet, wie das ZDF berichtete. Die ebenfalls von dem Sender stammende Information über die fünf entführten Bundesbürger wurden aus parlamentarischen Quellen bestätigt.
Die Lufthansa soll am Donnerstag Sonderflüge für Deutsche aus Israel im Auftrag des Auswärtigen Amts aufnehmen. Das geht aus einer Mitteilung des Ministeriums an Deutsche hervor, die sich auf der Vorsorgeliste für Kriseninformationen eingetragen haben. Laut Lufthansa sind vier Flüge pro Tag geplant, von denen zwei nach München und zwei nach Frankfurt gehen sollen. Für die Flüge wird eine Gebühr in Höhe von 300 Euro pro Person fällig.
Bundeskanzler Olaf Scholz empfängt am Donnerstag in Berlin den Emir von Katar, dessen Land sich als Vermittler zwischen Israel und der Hamas angeboten haben soll. Das Staatsoberhaupt des sehr reichen Golfstaats, Tamim bin Hamad Al Thani, trifft auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier.
Ägypten sicherte den Vereinten Nationen die Öffnung seiner Grenze nach Gaza für humanitäre Hilfslieferungen zu. Auch der nahe dem Übergang Rafah gelegene Flughafen in Al-Arisch auf der ägyptischen Sinai-Halbinsel könnte genutzt werden, sagte UN-Sprecher Stephane Dujarric in New York. Rafah ist der einzige Grenzübergang vom Gazastreifen nach Ägypten. Alle anderen Grenzübergänge gehen nach Israel. Zuletzt waren sämtliche Übergange geschlossen. Israel verhängte eine Blockade über das Gebiet. Im Gazastreifen leben rund 2,3 Millionen Palästinenser.
Der EU-Außenbeauftragte Josep Borrell warf der Regierung in Jerusalem vor, mit Maßnahmen wie der Unterbrechung der Wasserversorgung, der Stromversorgung und der Nahrungsmittelversorgung für den Gazastreifen gegen das Völkerrecht zu verstoßen. Nach Angaben des UN-Nothilfebüros OCHA flohen bisher etwa 264 000 Menschen innerhalb des von Israel sowie Ägypten abgeriegelten Gazastreifens. Wie die Hilfsorganisation in Genf weiter mitteilte, sind die Vertriebenen in Schulgebäuden, bei Verwandten oder Nachbarn untergekommen.