Reykjavik, Island – 23. August 2024: Ein Vulkan im Südwesten Islands ist zum sechsten Mal seit Dezember ausgebrochen und hat Lava durch einen neuen Spalt auf der Reykjanes-Halbinsel gespuckt. Die jüngste Eruption begann am Donnerstagabend nach einer Serie von Erdbeben und lieferte beeindruckende Bilder, die weltweit für Aufsehen sorgen.
Laut dem Isländischen Wetteramt (IMO) öffnete sich der Riss, aus dem die Lava sprudelt, östlich von Sylingarfell um 21:26 Uhr Ortszeit. Die ersten Schätzungen der IMO bezifferten die Länge des Risses auf 1,4 Kilometer, doch innerhalb von nur 40 Minuten wuchs er auf fast 4 Kilometer an. Der Lavastrom und die damit verbundenen Gase erzeugten ein atemberaubendes Schauspiel, das in Livestreams und Videos zu sehen war.
Der nahegelegene Fischerort Grindavík, der etwa 40 Kilometer südwestlich von Reykjavik liegt, wurde vorsichtshalber evakuiert. Bereits in den vergangenen Monaten hatten die Bewohner aufgrund der anhaltenden vulkanischen Aktivität mehrfach ihre Häuser verlassen müssen. Der aktuelle Lavastrom scheint jedoch nicht direkt in Richtung der Ortschaft zu fließen. Dennoch warnten Experten davor, dass es zu früh für eine endgültige Entwarnung sei.
Magnús Tumi Guðmundsson, Professor für Geophysik an der Universität von Island, erklärte in einem Interview, dass die Aktivität am südlichen Ende der Spalte – in Richtung Grindavík – gering sei, was eine gute Nachricht für die Anwohner darstellt. Dennoch betonte er, dass die Nacht noch jung sei und die Lage weiterhin beobachtet werden müsse.
Die wiederholten Eruptionen auf der Reykjanes-Halbinsel stellen eine erhebliche Herausforderung für die Infrastruktur und die Sicherheit der Bevölkerung dar. Seit 2021 kam es auf der Halbinsel zu neun Vulkanausbrüchen, nachdem das Gebiet 800 Jahre lang vulkanisch inaktiv war. Diese Serie von Eruptionen könnte laut Experten noch Jahrzehnte andauern.
Das Kraftwerk Svartsengi, das etwa 30.000 Menschen auf der Halbinsel mit Strom und Wasser versorgt, wurde vorsorglich evakuiert. Bereits seit dem ersten Ausbruch im Dezember 2023 wird das Kraftwerk größtenteils aus der Ferne betrieben, und zum Schutz wurden Barrieren errichtet.
Der internationale Flughafen Keflavík, der ebenfalls auf der Halbinsel liegt, blieb trotz des Ausbruchs in Betrieb. Der Flugverkehr wurde nicht beeinträchtigt, wie die nationale Fluggesellschaft Isavia mitteilte.
Trotz der Gefahren zieht der Vulkanausbruch zahlreiche Zuschauer an. Hunderte Menschen versammelten sich in der Nähe, um das Naturphänomen zu beobachten. Für die Einheimischen auf der Reykjanes-Halbinsel ist der Vulkan jedoch ein ständiges Risiko, das nicht nur ihre Häuser, sondern auch ihr tägliches Leben beeinflusst.
Island, das über 33 aktive Vulkansysteme verfügt, liegt auf dem Mittelatlantischen Rücken, einem Riss im Meeresboden, der die eurasische und nordamerikanische tektonische Platte trennt. Diese geologische Lage macht das Land zu einem der vulkanisch aktivsten Gebiete der Welt.
Der aktuelle Ausbruch verdeutlicht einmal mehr die mächtigen Kräfte der Natur und die Herausforderungen, denen die Bewohner dieser einzigartigen Insel ausgesetzt sind. Die kommenden Tage werden zeigen, wie sich die Situation weiterentwickelt und ob weitere Evakuierungen notwendig werden. In der Zwischenzeit bleibt der Vulkan ein faszinierendes, aber gefährliches Spektakel.